Diese "Normalisierung" sieht Israels Sonderbeauftragte für den Kampf gegen den Antisemitismus nicht nur als Folge eines "jahrzehntelangen, unkonventionellen Krieges um die öffentliche Meinung", wie Cotler-Wunsh im Gespräch mit dem KURIER ausführt.
Dabei werde der Staat Israel als „Jude unter den Nationen“ systematisch dämonisiert und delegitimiert und mit zweierlei Maß gemessen.
"Was wir seit dem 7. Oktober sehen ist ein Tsunami des Antisemitismus auf der ganzen Welt. Es folgte als Antwort darauf ein Mehrfrontenkrieg, der offen beabsichtige, den Staat Israel auszulöschen - durch völkermörderischen Terror der Hamas, der Huthis im Jemen, der Hisbollah im Libanon und den Iran." Aber eine weitere Front, die befinde sich eben auch in den westlichen Demokratien, wo der Antisemitismus dramatisch zugenommen habe.
Mehr antisemitische Vorfälle in Österreich
1.520 antisemitische Vorfälle meldete die Israelische Kultusgemeinde in Österreich im Vorjahr - das waren um 32 Prozent mehr als 2023, wo die Übergriffe ohnehin schon im Vergleich zu 2022 um 60 Prozent gestiegen waren. Dennoch sieht Cotler-Wunsh die Lage in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten als weniger schlimm an. "Hier hat man in mancher Hinsicht sogar einen Vorsprung", sagt sie, zumal sich Österreich zur Definition des Antisemitismus International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) bekenne.
Darin wird nicht nur direkter Judenhass, sondern auch die Delegitimierung, Dämonisierung und Anwendung von doppelten Standards gegenüber Israel als antisemitisch anerkannt und dagegen vorgegangen. "Wenn Sie in der Lage sind, alle Formen von Hass, in diesem Fall von Antisemitismus, zu identifizieren, dann können Sie ihn auch bekämpfen."
Den Vorwurf, dass auch in Österreich der Antisemitismus durch Migration aus muslimischen Ländern zugenommen habe, will Israels Sonderbeauftragte so nicht stehen lassen. "Es liegt in der Verantwortung der Demokratien, diejenigen auszubilden, die nicht nicht nur Migranten sein, sondern sich auch in die Gesellschaft mit ihren gemeinsamen Werten eingliedern wollen."
Ist Kritik an Israels Regierung antisemitisch?
Ist es denn zulässig, die israelische Regierung zu kritisieren, ohne gleich als antisemitisch beschimpft zu werden? "Wir können Fehler und Misserfolge besprechen. Kritik an bestimmten Politikern, an der Politik - das natürlich kein Antisemitismus, wie die IHRA-Definition klar festlegt. Auch wir Israelis kritisieren unsere Regierung reichlich, und unsere Demokratie steht unter dem gleichen Druck und Zwang wie alle anderen Demokratien der Welt auch. Aber Antisemitismus ist die Delegitimierung von Israels Existenzrecht - "von the river to the sea'".
Wogegen sich Cotler-Wunsh jedoch querlegt, ist, wenn Israel das Recht abgesprochen werde sich zu verteidigen - gegen den "völkermörderischen Terror der Hamas".
Die israelischen Bombenangriffe, die derzeit fast jeden Tag mehrere Dutzend Todesopfer in Gaza fordern, die vollständige Blockade von Hilfslieferungen seit mehr als zwei Monaten - sieht Colter-Wunsh dies als "verhältnismäßige Mittel der Verteidigung an, wie es das Völkerrecht gestatten würde?
"Ich will nicht sagen, dass es in Gaza keine Tragödien gibt. Aber die allein verantwortliche Parteien für diese Tragödie sind die Hamas, und all ihre unterstützenden Staaten, Katar, Iran und andere. Die Hamas missbraucht ihre eigene Zivilbevölkerung. Sie hat Palästinenser gefoltert und erschossen, die sich ihr widersetzten."
Und wenn nun die Lebensmittel in Gata knapp würden, sagt Michal Cotler-Wunsh, so liege das daran, dass die Hamas die Hilfslieferungen überfallen und geraubt habe.
"Kristallnacht-Moment"
Die Verantwortung und Folgen des Massakers vom 7. Oktober, den Israels Sonderbeauftragte als "Kristallnacht-Moment" bezeichnet, trage die Hamas. "Es gab am 6. Oktober einen Waffenstillstand mit der Hamas - einer genozidalen Terrororganisation, in deren Charta die Auslöschung Israels steht und zum Mord an Juden aufruft. Der Krieg hätte am 8. Oktober nie begonnen, wenn die Hamas die 251 entführten Menschen nach Israel zurückgebracht und die Waffen nieder gelegt hätte."
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