Israel: Der Zankapfel heißt Benjamin Netanjahu

Israel: Der Zankapfel heißt Benjamin Netanjahu
Wenig Hoffnung auf neue Regierung, Israels Präsident Rivlin ist frustriert.

Mit gesenktem Kopf und gepressten Lippen lauschte am Mittwochabend Israels Präsident Reuven Rivlin dem lakonischen Dank des amtierenden Premiers Benjamin Netanjahu, der erneut das Mandat zur Bildung einer neuen Regierung erhielt.

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr und wie schon nach dem ersten Wahlgang im April sind die Aussichten auf die Bildung einer neuen Regierungskoalition auch diesmal nicht die besten. Des Präsidenten Miene konnte seinen Frust nicht verbergen. Obwohl er zum strammrechten Urgestein der Likud-Partei Netanjahus gehört, waren seine persönlichen Beziehungen zu ihm bereits angespannt, als Rivlin noch nicht präsidial über den Parteien schwebte. Rivlin gilt als ehrlicher, schnörkelloser und offener Politiker. Also: Das Gegenteil von Netanjahu.

Am Mittwochabend richtete sich Rivlins Blick auf den Premier, als er beide Seiten mahnte, die Verhandlungen zur neuen Koalition führen. „In einem ist sich das Volk einig: Es will keinen dritten Wahlgang.“ Um den zu vermeiden, setzte Rivlin bereits Netanjahu und Benny Gantz, den zweiten Premier-Kandidaten mit der Blau-Weiß-Partei, in seiner Residenz an einen Tisch. Rivlin enthüllte in seiner Rede an beide Kandidaten, dass er nicht nur eine Große Koalition befürworte. Hart am Rande seiner präsidialen Vollmachten schlug er den beiden Konkurrenten eigene Ansätze zu möglichen Kompromissen vor.

"Nur ohne Netanjahu"

Ohne die geht es nicht: Blau-Weiß hat zwei Mal und mit wachsendem Wählererfolg versprochen: „Nur ohne Netanjahu.“ Der Likud hingegen beharrt auf Chef und Premier-Kandidat: „Netanjahu bleibt.“ Rivlin enthüllte jetzt, dass seine Vorschläge auch eine Änderung des Immunitätsgesetzes zum Inhalt hatten: „Um die politischen und juristischen Verwicklungen zu lösen, vor denen wir stehen.“

Nur hinter vorgehaltener Hand sind im Likud auch Stimmen zu hören, die ein Auswechseln Netanjahus erwägen. Damit sie weiter nicht an die Öffentlichkeit dringen, sperrte der Likud sogar seinen Empfang zum jüdischen Neujahrsfest am Donnerstag für die Medien.

Der Likud will zu den Verhandlungen für den gesamten „Block“ der Rechtsparteien mit 55 der 120 Knesset-Sitze antreten. Benny Gantz forderte dagegen, jede Partei solle für sich selbst sprechen. Wobei dem säkular-rechten Avigdor Lieberman und dessen Beytenu-Partei eine besondere Rolle zukommt.

Der bullige Ex-Freund und heutige Erz-Rivale Netanjahus ging mit der Forderung nach einer „säkularen Großen Koalition“ in den Wahlkampf. Ohne ihn gibt es keine Chance, eine Kleine Koalition zu bilden. Netanjahu dürfte im ersten Anlauf versuchen, ihn zurück auf die rechte, wenn auch nicht ganz säkulare, Seite zu ziehen. An den Erfolg glaubt dabei niemand so richtig. Haaretz: „Da sind keine Klänge eines Kompromisses zu hören. Nur die ersten Wahlkampftöne.“

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