Nach israelischem Angriff auf Hamas: Katar behält sich Reaktion vor

Zusammenfassung
- Israelischer Luftangriff auf Hamas-Führung in Katar tötet sechs Menschen, darunter den Sohn des Hamas-Auslandschefs; Katar behält sich Reaktion vor und betont Vermittlerrolle.
- Internationale Kritik an Israels Vorgehen, darunter von Trump, Macron, Merz und Starmer; UNO-Sicherheitsrat befasst sich in Dringlichkeitssitzung mit dem Angriff.
- Israel begründet den Angriff als Reaktion auf Hamas-Anschläge und betont, dass Terroranführer weltweit keine Immunität mehr genießen.
Nach dem israelischen Angriff auf die Hamas-Führungsebene in Katar behält sich das Golfemirat laut Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani eine Reaktion vor. Al-Thani forderte eine "Antwort aus der gesamten Region auf solch barbarische Handlungen".
Die palästinensische Terrororganisation Hamas bezeichnete den israelischen Angriff als "gescheitert". Auch international wurde die Tat verurteilt. "Ich bin nicht begeistert davon", sagte US-Präsident Donald Trump.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschäftigt sich am Mittwoch (21.00 Uhr MESZ) mit dem Angriff. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen. Beantragt habe die Dringlichkeitssitzung unter anderem Algerien.
Sechs Menschen getötet
Bei dem israelischen Überraschungsangriff waren am Dienstag nach Hamas-Angaben sechs Menschen ums Leben gekommen, darunter der Sohn des ranghöchsten Hamas-Anführers im Ausland, Khalil al-Hayya, sowie dessen Büroleiter. Al-Hayya ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet.
Al-Hayya hielt sich die meiste Zeit in Katar auf. Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls zumeist in Katar oder in der Türkei. Israel hatte zuletzt mit Angriffen auf Hamas-Führer im Ausland gedroht.
Netanyahu: Angriff auf Hamas-Spitze "optimal und präzise"
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nannte den Luftangriff, an dem nach Medienberichten mehrere Kampfjets und Drohnen beteiligt waren, "optimal und präzise". Es sei eine Reaktion auf den tödlichen Anschlag zweier Hamas-Mitglieder in Jerusalem, bei dem am Montag sechs Menschen getötet worden waren, und einen tödlichen Hamas-Angriff auf Soldaten im Gazastreifen.
"Die Tage, an denen Terroranführer an irgendeinem Ort der Welt Immunität genossen haben, sind vorbei", sagte Netanyahu. Israels Feinde müssten wissen, dass Juden seit Einrichtung des Staates Israel nicht mehr schutzlos ausgeliefert seien. Der israelische Armeesender berichtete, der Angriff mit dem Codenamen "Feuergipfel" habe der verbliebenen Führungsriege der Islamistenorganisation gegolten.

Katar: Wurden über Israels Angriff nicht vorab informiert
Der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Majid al-Ansari, nannte Berichte, Katar sei vor dem Angriff informiert worden, "komplett falsch". Ein US-Regierungsvertreter habe in dem Moment in Katar angerufen, als die Explosionen bereits zu hören waren. Al-Ansari widersprach damit einer ersten US-Darstellung. Die US-Regierungssprecherin Karoline Leavitt sagte, Trump habe seinen Nahost-Sondergesandten Steve Witkoff angewiesen, Katar über den bevorstehenden Angriff zu informieren.
Der US-Präsident ergänzte später in einem Post auf seiner Plattform Truth Social, dass Witkoff Katar informiert habe. Es sei aber zu spät gewesen, um den Angriff aufzuhalten. Auf die Frage, wie er von dem Angriff erfahren habe, sagte der Republikaner am Dienstagabend (Ortszeit), er werde an diesem Mittwoch eine vollständige Erklärung abgeben. "Aber ich sage Ihnen Folgendes: Ich war sehr unglücklich darüber. Sehr unglücklich über jeden Aspekt."
Katar will weiter vermitteln
Katars Regierungschef Al-Thani sprach am Dienstagabend vor Journalisten von einem "eklatanten Angriff" und erklärte, der israelische Angriff sei ein "entscheidender Moment" für die Region. Zugleich fügte Al-Thani an, sein Land werde weiterhin zwischen Israel und der Hamas vermitteln. Das Vermitteln sei "ein fester Bestandteil der Identität" des Landes, nichts werde Katar "davon abhalten, diese Rolle in allen Fragen, die uns in der Region betreffen, weiterhin wahrzunehmen", antwortete er auf eine entsprechende Frage eines Journalisten.
Katar vermittelte bisher zusammen mit Ägypten und den USA im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen um eine Waffenruhe und Freilassung der Geiseln kommen aber seit Monaten nicht voran. Israels Regierung beabsichtigt unterdessen, die Stadt Gaza militärisch vollständig einzunehmen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben. Auch Angehörige äußerten nach dem Angriff in Katar große Sorge über das Schicksal der Geiseln.
Die Hamas teilte mit, der Angriff auf ihre Verhandlungsdelegation, die gerade über einen Vermittlungsvorschlag Trumps beraten wollte, beweise einmal mehr, dass Netanyahu und seine Regierung nicht die Absicht hätten, ein Abkommen zu erzielen.
Österreich "besorgt", Kritik aus Paris, Berlin und London
Das Außenministerium in Wien zeigte sich auf X und Bluesky "zutiefst besorgt". Diese Attacken "verletzen die territoriale Integrität und Souveränität von Katar". "Sie gefährden die Geiseln und untergraben die Verhandlungen über einen dringend notwendigen Waffenstillstand in Gaza. Wir rufen alle dazu auf, von weiteren Maßnahmen abzusehen, die die regionale Stabilität gefährden", postete das Ministerium.
Der französische Präsident Emmanuel Macron kritisierte die israelischen Luftangriffe scharf. Diese seien "inakzeptabel, unabhängig vom Grund", schrieb Macron am Abend im Onlinedienst X. "Der Krieg darf sich in keinem Fall in der Region ausbreiten", betonte der französische Präsident und drückte seine "Solidarität mit Katar und seinem Emir, Scheich Tamim Al-Thani" aus. Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz nannte die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars in einem Telefonat mit dem Emir "nicht akzeptabel", wie Regierungssprecher Stefan Kornelius mitteilte.
Der britische Premierminister Keir Starmer äußerte sich ähnlich kritisch. "Ich verurteile die Angriffe Israels auf Doha", schrieb er auf X und fügte an: "Priorität müssen ein sofortiger Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und eine massive Aufstockung der Hilfsleistungen für den Gazastreifen sein." Dies sei "die einzige Lösung für einen dauerhaften Frieden".
Netanyahu: 7. Oktober vergessen
Netanyahu äußerte kurz nach den Aussagen Macrons und Starmers Kritik an mehreren westlichen Ländern für deren Haltung im Nahost-Konflikt. "Ein Großteil der Welt, darunter auch ein Großteil der demokratischen Welt, oder zumindest die Regierungen, haben den 7. Oktober auf schändliche Weise vergessen", sagte Netanyahu in einer Rede in der US-Botschaft in Jerusalem in Anspielung auf den Großangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 mit rund 1.200 Todesopfern und 250 Entführungen. Netanyahu fügte mit Blick auf den 7. Oktober an: "Ich vergesse nicht und Israel vergisst nicht."
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