Mit Panzern und Gipfeltreffen gegen eine zweite Nakba

Dass US-Außenminister Marco Rubio am Sonntag mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als Zeichen der uneingeschränkten Solidarität die Klagemauer in Jerusalem besuchte, verstimmte auch Saudi-Arabien und die Emirate. Zuvor hatte die US-Nachrichtenwebsite Axios berichtet, Rubio habe in Gesprächen signalisiert, dass die USA eine israelische Annexion von Teilen Westjordanlandes nicht blockieren würden – für die islamischen Länder eine "rote Linie", so die VAE, ein Mitglied der von den USA geförderten Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zu Israel. Erst vergangene Woche hatte Netanjahu einmal mehr die Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen gefordert und ein Abkommen unterzeichnet, um den Bau israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland voranzutreiben.
Beides wird Thema sein, wenn sich die islamische Welt heute in Doha trifft: Rund 60 Monarchen, Staats- und Regierungschefs kommen zusammen, um über Reaktionen auf den "feigen" Angriff Israels auf Doha vergangene Woche zu beraten, so Majed al-Ansari, Sprecher des Außenministeriums von Katar. Das Attentat auf die Delegation der islamistischen Hamas während Verhandlungen über einen Waffenstillstand hatte auch unter westlichen Staaten für Kritik gesorgt, und Zweifel gesät, inwiefern die Regierung Netanjahus an einem Abkommen überhaupt interessiert sei.

US-Außenminister Marco Rubio am Sonntag mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahubei der Klagemauer in Jerusalem.
40.000 Soldaten
Eine Vertreibung der Palästinenser aus dem schmalen Küstenstreifen am Mittelmeer fürchtet besonders das Nachbarland Ägypten. Kairo hat deswegen seit der neuen Offensive in Gaza-Stadt Panzer, Luftabwehr und Truppen auf die Sinai-Halbinsel geschickt. Bis zu 40.000 Soldaten sollen den Landabschnitt Medienberichten zufolge sichern.
Präsident Abdel Fattah al-Sisi steht unter dem Druck Israels und den USA, die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen durch die Aufnahme von Millionen Palästinensern in Ägypten zu lösen. Seit Beginn des Krieges hat Ägypten über 100.000 Palästinenser aus Gaza aufgenommen, jetzt weigert sich Ägyptens Regierung – auch aus Angst vor einer Destabilisierung im eigenen Land und möglichen Angriffen Israels auf ägyptisches Territorium. Diese Haltung bringt al-Sisi in einen Zwiespalt: Während man sich international laut auf Seite der Palästinenser positioniert, versucht man, in der Bevölkerung die Unterstützung nicht zu groß werden zu lassen. Demos für Gaza sind verboten.
Über ein Viertel der eine Million Menschen, die sich zuletzt in Gaza-Stadt aufgehalten haben, sollen diese mittlerweile Richtung Süden verlassen haben. Am Sonntag hatte die israelische Armee erneut einen Räumungsbefehl ausgegeben. Dem palästinensischen Gesundheitsministerium zufolge sollen seit dem Krieg in Gaza nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 mehr als 64.000 Menschen getötet und 164.000 Menschen verletzt worden sein – die Zahlen wurden selbst von Israels ehemaligem Armeechef Herzi Halevi als realistisch eingeschätzt.
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