Irrwitziger Reichtum aus dem Nichts: Q&A zu Bitcoin

Irrwitziger Reichtum aus dem Nichts: Q&A zu Bitcoin
Die Digitalwährung wird ab 18. Dezember an US-Börsen gehandelt. Steigen die Preise jetzt noch weiter an?

Im Hause Treichl dürfte der Segen schiefhängen. "Meine Kinder halten mich für richtig blöd", gestand Erste-Group-Chef Andreas Treichl im Gespräch mit Bloomberg. Schuld ist die virtuelle Währung Bitcoin. "Sie hätten eine Menge Geld damit machen können, aber ich habe ihnen verboten zu investieren", sagte Treichl schmunzelnd. Tatsächlich hat der Höhenflug alle Experten überrascht. Seit Jänner 2017 hat sich der Wert eines Bitcoin auf 10.900 US-Dollar verelffacht. Treichl glaubt trotzdem nicht, dass die Alternativwährung langfristig Bestand haben wird: "Die Zentralbanken würden dadurch Kontrolle verlieren. Und das werden sie nicht zulassen." Deshalb werde wohl irgendwann jemand die Reißleine ziehen – womöglich aber erst bei Kursen von 25.000 oder 30.000 Dollar.

Irrwitziger Reichtum aus dem Nichts: Q&A zu Bitcoin

Ähnlich skeptisch äußerte sich Lloyd Blankfein, Chef der berüchtigten US-Investmentbank Goldman Sachs: "Bitcoin ist nichts für mich." Sein Rivale Jamie Dimon, Boss von JP Morgan, hatte gar von "Betrug" gesprochen.

Die jüngere Generation scheint weniger Berührungsängste zu haben. So wunderte sich der 19-jährige Wiener Maximilian S. über die kritischen Berichte. Er selbst handle intensiv mit der digitalen Währung und sei an einem Rechenzentrum in Island beteiligt, das Bitcoins schürft. "Und ich verdiene so inzwischen mehr als mein Vater."

Boomt Bitcoin, weil es eine Zukunftstechnologie ist – oder hat sich da eine gefährliche Blase aufgebaut?

Fragen und Antworten

Wie kann eine digitale "Münze", die man nicht einmal angreifen kann und nur auf dem Computer existiert, 10.000 Dollar wert sein?

Der Preis kommt einzig und allein durch das knappe Angebot und die hohe Nachfrage zustande. Bitcoins sind deshalb so teuer, weil es Menschen gibt, die 10.000 Dollar und mehr für eine Einheit der digitalen Währung zahlen. Sie hoffen, dass ihnen ein Käufer später noch mehr dafür geben wird. Die Preise werden also genau so lange weitersteigen, wie dieses Vertrauen anhält. Sollte es (wodurch immer) erschüttert werden und sich keine Käufer finden, würden die Preise ebenso rasch runterrasseln.

Sind diese Preise noch gerechtfertigt oder wird diese Bitcoin-Blase bald platzen?

Anders als beim Euro gibt es dafür keinen Maßstab: Der Wert des Euro hängt davon ab, wie glaubwürdig die EZB agiert und wie stark die Wirtschaft im Euroraum ist. Bitcoin kann man an solchen Daten nicht festmachen. Manche Analysten halten einen Anstieg auf 50.000 Dollar für möglich – aber auch ein Totalverlust ist vorstellbar.

Was hat den jüngsten Kurs-Höhenflug bewirkt?

Am 1. Dezember hat die US-Aufsicht erlaubt, dass große Börsen mit Bitcoins handeln dürfen. Die CME Group in Chicago legt ab 18. Dezember sogenannte Terminkontrakte für die virtuelle Währung auf. Ihre Rivalin CBOE erhielt ebenfalls grünes Licht für einen "Future". Mit solchen Papieren können Investoren auf steigende und fallende Kurse wetten.

Welche konkreten Auswirkungen hat das?

Das Okay der Aufsicht spricht für die höhere Akzeptanz und macht Bitcoins für große Investoren handelbar. Dass nun auch auf fallende Kurse gewettet werden kann, soll die bisher extrem hohe Schwankungsanfälligkeit der Kurse verringern – es könnte aber auch den Höhenflug stark einbremsen.

Werden Bitcoin und Co. klassisches Geld ersetzen?

Nein, sagt die Mehrzahl der Ökonomen. Virtuelle Währungen würden allenfalls eine ergänzende Rolle spielen. "Bitcoin ist kein Geld, sondern ein Spekulationsobjekt", sagt Carl-Ludwig Thiele, Vorstand der Deutschen Bundesbank. Die Vergangenheit lehre, dass sich Währungen dann durchsetzen, wenn ein Garantiegeber im Hintergrund steht und haftet, analysiert Wirtschaftshistoriker Albrecht Ritschl von der London School of Economics. Das ist bei Bitcoin nicht der Fall.

Was sagt die Bitcoin-Gemeinde selbst?

Für die Fans ist klar, warum die Banker gegen Bitcoins sind: Diese untergraben deren Geschäftsmodell, weil sie ganz ohne die alten Filialbanken auskommen. Zudem würden weltweit Zehntausende Restaurants, Geschäfte oder Online-Portale Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren. Tatsächlich wird das kaum genutzt, weil die Kurse zu stark schwanken. Und wer mit Bitcoins zahlt, würde um die erhofften Wertsteigerungen umfallen.

Droht Bitcoin ein Opfer seines Erfolgs zu werden?

Das könnte tatsächlich passieren. Bitcoin ist die älteste und größte Kryptowährung, aber technologisch nicht auf der Höhe der Zeit. Ökologisch ist das System ein Irrsinn: Experten zufolge verbraucht eine einzige Transaktion wegen der komplizierten Berechnungen so viel Strom wie ein Einpersonenhaushalt in einem Monat.

Wer garantiert, dass mit Bitcoin und Co. kein Schindluder getrieben wird?

Niemand, denn hinter Kryptowährungen steht prinzipiell keine einzelne Person oder Institution. Das System an sich ist zwar sicher konzipiert und gilt als nicht zu knacken. Es kommt aber vor, dass sich Betrüger unter die Börsenbetreiber und Händler mischen. Gegen eine Geldentwertung durch Inflationierung schützt sich das System durch die Begrenzung auf maximal 21 Mio. Bitcoins weltweit. Allerdings hat es Abspaltungen (wie Bitcoin Cash) gegeben. Und auch durch die unüberschaubare Zahl neu gegründeter Kryptowährungen wird die digitale Geldmenge aufgeblasen.

Wie wird Bitcoin von der heimischen Aufsicht und vom Finanzamt behandelt?

Die Finanzaufsicht FMA warnt eindringlich vor hohen Risiken bis zum Totalverlust. Weil Bitcoins bisher weder als Währung noch als Finanzinstrument gelten, unterliegen sie nicht der Aufsicht. Für den Fiskus ist der Umtausch zwischen Bitcoin und Euro steuerfrei. Gewinne aus dem Handel müssen aber sehr wohl versteuert werden.

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