Iran stuft jetzt sämtliche US-Truppen als "Terroristen" ein

Iran stuft jetzt sämtliche US-Truppen als "Terroristen" ein
Als Reaktion auf die gezielte Tötung des Generals Ghassem Soleimani verabschiedete Teheran ein neues Gesetz.
  • Freitag, 3. Jänner, töteten US-Raketen den berüchtigten iranischen General, Qassem Soleimani, der bereits zu Lebzeiten als „wandelnder Märtyrer“ gefeiert wurde.
  • Das Attentat, das US-Präsident Donald Trump persönlich in Auftrag gegeben hatte, führte zu einem massiven Aufschrei in der schiitischen Welt – Teheran schwor Rache.
  • Heute, Dienstag, ist der letzte Trauertag, an dem Soleimani in seinem Heimatort beigesetzt wird. Ab morgen ist mit Vergeltung durch schiitische Milizen zu rechnen. 

    Trotz der Forderung des irakischen Parlaments nach einem Truppenabzug aller ausländischen Streitkräfte hegt das US-Militär nach eigenen Angaben keine dahin gehenden Pläne. "Die US-Politik in Bezug auf unsere Truppenpräsenz im Irak hat sich nicht verändert", erklärte Pentagon-Sprecherin Alyssa Farah am Montagabend (Ortszeit). Doch Teheran stuft sämtliche US-Truppen seit einem Parlamentsbeschluss am Dienstag als Terroristen ein.

    Damit trat sie dem - durch einen Brief an das irakische Verteidigungsministerium entstandenen - Eindruck entgegen, das Militär habe Vorbereitungen für einen Abzug der US-Soldaten angekündigt. Generalstabschef Mark Milley bezeichnete den Brief später als Entwurf, der versehentlich publik geworden sei.

    Die USA haben derzeit rund 5.000 Soldaten im Irak stationiert, vor allem als Teil des internationalen Militärbündnisses für den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Das Parlament in Bagdad hat die irakische Regierung aufgefordert, alle ausländischen Truppen des Landes zu verweisen. Auch den irakischen Luftraum sollen ausländische Truppen künftig nicht mehr nutzen dürfen. Der Beschluss vom Sonntag war durch den tödlichen US-Luftangriff auf den iranischen Top-General Qassem Soleimani und des irakischen Milizenführers Abu Mahdi al-Muhandis in Bagdad ausgelöst worden.

    Deutsche verlegen Truppen

    Die zuletzt 32 Männer und Frauen im Militärkomplex Tadschi wurden am Dienstag mit einem Transportflugzeug A400M auf die Luftwaffenbasis Al-Asrak in Jordanien gebracht, teilte die Bundeswehr mit.

    Auch andere Nationen in der Koalition gegen die Terrormiliz IS bereiten ihren Abzug vor.  So soll das Hauptquartier für den Einsatz „Operation Inherent Resolve“ nach dpa-Informationen teilweise nach Kuwait verlegt werden. Dies würde auch drei der in dem Hauptquartier eingesetzten Bundeswehrsoldaten betreffen.

    Carabinieri verlassen Bagdad

    Im Irak stationierte italienische Soldaten haben in der Nacht auf Dienstag einen US-Stützpunkt in Bagdad verlassen, der seit zwei Tagen attackiert wird. Die Evakuierung von 50 italienischen Carabinieri, die mit dem Training irakischer Sicherheitskräfte beauftragt sind, wurde von der Spitze des italienischen Heeres im Einklang mit der NATO beschlossen, berichtete die Tageszeitung „La Stampa“.

    Soleimani-Beisetzung

    Soleimani wird heute in seinem Geburtsort Kerman im Südostiran beigesetzt werden. Die Regierung erklärte den Tag zu einem örtlichen Feiertag, um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich von dem ranghohen General zu verabschieden. An einem Trauerzug in der Hauptstadt Teheran hatten am Montag Millionen Menschen teilgenommen. Viele riefen antiamerikanische Parolen wie "Tod den USA" und trugen Bilder Soleimanis vor sich her. Der von den USA als Terrorist betrachtete General wird im Iran nun als Märtyrer verehrt. Der US-Regierung zufolge hatte er tödliche Angriffe auf US-Bürger geplant.

    Soleimani war als Chef der Quds-Einheiten der wichtigste Vertreter der iranischen Streitkräfte im Ausland und galt als Architekt der iranischen Militärstrategie im Nahen Osten. Der Iran hat im ebenfalls mehrheitlich von Schiiten bevölkerten Irak großen Einfluss, stützt sich in militärischen Fragen aber vor allem auf örtliche schiitische Milizen.

    Sollte es tatsächlich zu einem Abzug ausländischer Soldaten aus dem Irak kommen, wäre das ein großer Erfolg für Teheran. US-Präsident Donald Trump schloss einen Abzug am Sonntag nicht aus. Er drohte dem Irak jedoch mit drastischen Sanktionen, falls das Land die US-Bedingungen für einen Abzug nicht akzeptieren würde. Trump forderte etwa die Rückerstattung von Kosten für von der US-Regierung finanzierte Infrastruktur im Irak.

    IRAN-IRAQ-US-UNREST

    Some people die during the funeral ceremony for commander of the Quds Force Qasem Soleimani, in Kerman

    Some people die during the funeral ceremony for commander of the Quds Force Qasem Soleimani, in Kerman

    Funeral for Qassem Soleimani in Kerman

    IRAN-IRAQ-US-UNREST

    Protest against US over killing of Iranian general, in India

    Protest against US over killing of Iranian general, in India

    Kulturstätten nicht bedroht

    Das Pentagon hat sich von der Drohung des US-Präsidenten Donald Trump distanziert, im Falle iranischer Angriffe auf US-Ziele auch bedeutende Kulturstätten im Iran zu attackieren. „Wir werden die Gesetze des bewaffneten Konflikts befolgen“, hieß es bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Verteidigungsminister Mark Esper und Generalstabschef Mark Milley am Montag (Ortszeit). Auf die Frage, ob dies den Angriff auf Ziele mit kultureller Bedeutung ausschließe, hieß es weiter: „Das sind die Gesetze des bewaffneten Konflikts.“

    In seinem Tweet hatte Trump von 52 potenziellen Ziele im Iran gesprochen, sollte Teheran Vergeltung üben. Einige davon seien sehr bedeutend und wichtig für den Iran und die iranische Kultur. Die „New York Times“ berichtete unter Bezug auf einen namentlich nicht genannten Regierungsbeamten hingegen, dass es sich bei diesen Zielen nicht um Kulturstätten handele.
    Am Sonntagabend hatte Trump seine Drohung dann bekräftigt. Der Iran töte Amerikaner, foltere sie und sprenge sie mit Bomben in die Luft - „und wir sollen ihre Kulturstätten nicht anrühren dürfen? So funktioniert das nicht“, sagte Trump nach Angaben von Journalisten.

    Die internationale Krisendiplomatie zur Entschärfung der Lag läuft indes auf Hochtouren. Die EU-Außenminister planen für Freitag ein Krisentreffen in Brüssel. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief erneut dringend zur Deeskalation auf. Die Welt sei in Aufruhr, sagte er. Mehr und mehr Länder würden "nie dagewesene Entscheidungen mit unvorhersagbaren Konsequenzen und dem tiefgreifenden Risiko von Misskalkulationen" treffen.

    Kommentare