Trump redet von Frieden in Nahost, aber der lässt auf sich warten

Lange hat es nicht gedauert. Nur wenige Stunden, nachdem US-Präsident Donald Trump überraschend und euphorisch eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran verkündet hatte, begann diese am Dienstag heftig zu wackeln. Wie es weitergeht, hängt davon ab, ob die Erzfeinde Teheran und Jerusalem die Waffen tatsächlich – erst mal – schweigen lassen. Es stellen sich eine Menge Fragen.
Was hat es mit der Waffenruhe auf sich?
Der von Trump bekannt gegebene Waffenstillstand zwischen dem Iran und Israel ist am Dienstagmorgen um 6 Uhr MEZ in Kraft getreten. Die israelische Regierung hat die Feuerpause, die auch vom Emirat Katar vermittelt wurde, bestätigt. Man habe alle Kriegsziele erreicht, „sogar weit darüber hinaus“, meldete sich Premier Benjamin Netanjahu zu Wort. Auch der Iran stimmte zu, die Waffen schweigen zu lassen, und sprach zum eigenen Volk von einer Niederlage des Erzfeindes.
Bereits am Vormittag begann die Waffenruhe jedoch gewaltig zu bröckeln. Laut israelischen Verteidigungskräften wurden Raketen auf die Küstenstadt Haifa abgefeuert. Der Iran bestreitet das und wirft Israel gleichzeitig drei Verstöße gegen die Feuerpause vor. Donald Trump, der nun um sein Image als großer Friedensstifter fürchtet, ist über beide Länder sichtlich erbost. „What the fuck“, fluchte der US-Präsident, als er in den Regierungsflieger Richtung Europa stieg.

US-Präsident Trump beschuldigt am Dienstag Israel und Iran, die Waffenruhe gebrochen zu haben.
Könnten Israel und der Iran Frieden schließen?
Zuvor sprach Trump noch davon, die „Zeit für Frieden“ sei nun gekommen. Und er glaube, die Waffenruhe würde für immer anhalten. Auch wenn der Stillstand wirklich hält oder man sich neu einigt, dürfte das nicht so einfach werden. Für einen nachhaltigen Frieden zwischen Israel und dem Iran bräuchte es einen sorgfältig ausgehandelten Vertrag. Die zwei Länder sind seit der Islamischen Revolution 1979 verfeindet. Damals kam das Mullah-Regime an die Macht, das Israel für einen illegitimen „zionistischen Staat“ hält, weil es das Judentum als Feind des Islam sieht. Dass der Iran in naher Zukunft eine Atombombe besitzen könnte, ist daher eine riesengroße Sorge Israels. Das ist auch die Begründung, mit der Israel den Iran am 13. Juni angegriffen hat.
Die iranischen Atomanlagen dürften nun beschädigt sein. Doch ob der Iran Teile seines Programms nicht schon längst verlagert hat und wie lange ein Wiederaufbau dauern würde, ist unklar. Schon die Verhandlungen über den 2015 in Wien unterschriebenen Nuklear-Deal waren äußerst mühsam und langwierig. Es war Trump, der ihn drei Jahre später aufkündigte. Teheran empfindet es als ungerecht, dass andere Staaten Atomwaffen besitzen können, der Iran aber nicht. Auch Israel besitzt Experten zufolge solche Waffen, obwohl es das nicht bestätigt, jedoch auch nicht dementiert.
Und wenn es im Iran zu einem Regimewechsel käme, wie Israel das will?
Das ist eine noch sehr spekulative Frage. Im Iran herrscht große Unzufriedenheit mit dem strengen Mullah-Regime unter dem „obersten Führer“ Ayatollah Ali Khamenei, der die Bevölkerung überwacht, strenge Kleidervorschriften auferlegt und mit Gewalt und Verhaftungen gegen Kritiker vorgeht. Auch der Wirtschaft im Land geht es alles andere als gut. Khamenei selbst versteckt sich in einem Bunker und hat schon Nachfolger ernannt, für den Fall, dass er im Krieg stirbt. Sein Regime ist enorm geschwächt, und viele Verbündete hat es auch nicht.
Von außen ein Regime zu stürzen, dürfte aber dennoch nur schwer schaffbar sein, sagen Experten. Und es ist mit großem Risiko verbunden – sogar Trump, der zuvor schon mit einem „Regime change“ liebäugelte, ruderte am Dienstag zurück: Das würde nur zu Chaos führen. Man weiß nicht, was nach den Mullahs käme. Ein Name, der immer wieder fällt: Reza Pahlavi, der Sohn des letzten Schahs, der im Exil in den USA lebt. Aber ob er die nötige Unterstützung in der Bevölkerung hätte, ist fraglich.
Was hat der Krieg in 13 Tagen angerichtet?
Bei israelischen Angriffen wurden iranischen Behördenangaben zufolge 606 Menschen getötet und mehr als 5.000 verletzt. Das Menschenrechtsnetzwerk Hrana spricht von knapp 1.000 Toten. In Israel wurden 28 Menschen getötet. Raketen aus dem Iran schlugen in Wohnhäusern, einer Universität und einem Krankenhaus ein und verursachten schwere Schäden. Israelische Schläge im Iran richteten sich gegen militärische und zivile Einrichtungen und Infrastruktur. In den letzten 24 Stunden vor Inkrafttreten der Waffenruhe habe man „wichtige Ziele des Regimes im Herzen von Teheran angegriffen“, heißt es aus Premier Netanjahus Büro. Darunter das Hauptquartier der Basij-Miliz, die zu den Revolutionsgarden gehört.
Was ist eigentlich mit Gaza?
Nach der angekündigten Waffenruhe mit dem Iran wurden rasch Forderungen laut, diese auch auf den Gazastreifen auszuweiten. Israels Oppositionsführer Yair Lapid, Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas und die Angehörigen israelischer Geiseln sprachen sich dafür aus. Israels Regierung setzt ihre Militäroffensive im Gazastreifen aber mit aller Härte fort. Allein am Dienstag haben israelische Soldaten nach Angaben örtlicher Mediziner mindestens 29 Palästinenser getötet. Zehn weitere Menschen wurden dann bei einem israelischen Luftangriff getötet.
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