Iran will sich nicht mehr an Wiener Atomabkommen halten

Hassan Rouhani erbost
Nach der Ermordung von General Soleimani wolle Teheran sich nicht mehr an die in der Vereinbarung festgelegten Grenzen halten.

Nach der Tötung des iranischen Generals Soleimani distanziert sich der Iran weiter vom Wiener Atomabkommen. In einer im Staatsfernsehen am Sonntag verbreiteten Erklärung hieß es, dass sich Teheran nicht mehr an die in der Vereinbarung festgelegten Grenzen bei der Urananreicherung halten wolle. Die Urananreicherung solle künftig nach technischen Notwendigkeiten ausgerichtet werden.

Damit werde der Iran nun sein Atomprogramm unbegrenzt weiterführen und auch Uran unlimitiert anreichern. Teheran werde sich nicht mehr an die Vorgaben zur Zahl der Zentrifugen für die Urananreicherung halten. Dies sei die "fünfte und letzte Phase" des Rückzugs von den Verpflichtungen aus dem Atomabkommen, wurde in der Presseerklärung betont.

Der Iran wolle jedoch seine Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) fortsetzen. Die Regierung könne die Maßnahme zurücknehmen, wenn Washington die Sanktionen gegen den Iran einstelle.

Reaktion auf Soleimanis Ermordung

Wenige Stunden zuvor noch hatte der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Abbas Mousavi, lediglich einen weiteren Schritt im Teilausstieg des Landes aus dem internationalen Abkommen angekündigt. "Wir werden diesbezüglich am Abend eine wichtige Sitzung haben ", zitierte die Nachrichtenagentur ISNA den Sprecher am Nachmittag.

Beobachter in Teheran schlossen zu diesem Zeitpunkt nicht aus, dass die Regierung mit einer weiteren Erhöhung der Urananreicherung auf 20 Prozent auf die Tötung des iranischen Top-Generals Qassem Soleimani durch die US-Armee reagieren könnte. Der Iran hatte den USA "Rache" für die Tötung des Generals geschworen. In der Region geht die Angst vor einer weiteren Eskalation der Lage und kriegerischen Auseinandersetzungen um.

Der Iran schraubt seit einiger Zeit seine Verpflichtungen aus dem 2015 mit den fünf Vetomächten (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) und Deutschland geschlossenem Atomabkommen schrittweise zurück. Er begründet dies mit dem 2018 erfolgten einseitigen Ausstieg der USA aus der Vereinbarung und der Wiedereinsetzung amerikanischer Wirtschaftssanktionen. Vor allem die Sanktionen gegen den Erdgas- und Ölsektor lösten eine schwere Wirtschaftskrise im Iran aus.

Trotz der Sanktionen hatte sich das Land aber ein Jahr weiter an das Atomabkommen gehalten, während die Europäer weitgehend vergeblich versuchten, den im Abkommen versprochenen Handel trotz der US-Sanktionen aufrecht zu erhalten. Im Mai vergangenen Jahres begann Teheran dann allerdings, schrittweise gegen Auflagen des Atomabkommens zu verstoßen. So reicherte es inzwischen mehr Uran auf höhere Konzentrationen an als im Abkommen erlaubt.

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