Durchhalteappell von IS-Chef an Kämpfer in Mossul

Abu Bakr al-Baghdadi
Am Mittwoch verurteilte der UNO-Sicherheitsrat bei einer Sitzung in New York den Einsatz menschlicher Schutzschilde durch den IS.

Der Führer der Dschihadistenmiliz IS hat seine Kämpfer in der irakischen Stadt Mossul offenbar zum Widerstand gegen die anrückenden Regierungstruppen aufgerufen. Das IS-nahe Medium al-Furkan veröffentlichte in der Nacht auf Donnerstag eine Audiobotschaft, die sie IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi zuschrieb. "Zieht euch nicht zurück!", befiehlt der Sprecher des Durchhalteappells. "Mit Ehre standzuhalten ist tausend Mal einfacher als ein Rückzug in Schande", sagte er weiter. "Hütet euch vor jeglicher Schwäche im Angesicht des Feindes!"

Der Sprecher rief die IS-Anhänger auch zu Angriffen auf die Türkei auf. Die Türkei sei der "Verbündete der Atheisten". Die Bevölkerung von Mosul solle die "Feinde Gottes" bekämpfen. Selbstmordattentäter sollten "die Städte der Ungläubigen zerstören".

Seit mehr als einem Jahr hatte es keine Audiobotschaft mehr gegeben, die al-Bagdadi zugeschrieben worden war. Die Echtheit der Aufnahmen konnte zunächst nicht bestätigt werden. Wo sich der IS-Chef aufhält, ist unklar.

UNO verurteilt "menschliche Schutzschilde"

IS-Kämpfer treiben in und um Mossul Zivilisten zusammen, um sie womöglich als menschliche Schutzschilde gegen die vorrückenden irakischen Truppen einzusetzen. Am Mittwoch verurteilte der UNO-Sicherheitsrat bei einer Sitzung in New York den Einsatz menschlicher Schutzschilde. Die senegalesische Ratspräsidentschaft erklärte nach der Sitzung hinter verschlossenen Türen, alle Beteiligten sollten dafür sorgen, dass Zivilisten nicht zu Schaden kämen.

Anrainer berichteten der Nachrichtenagentur AFP, die Menschen wurden östlich und westlich der nordirakischen Millionenstadt gesammelt und zwangsweise nach Mossul gebracht. Im Gebiet östlich von Mossul hätten IS-Kämpfer vor allem junge Leute aufgefordert, sich in Schulen zu versammeln und ihre Ausweispapiere mitzubringen, sagte ein Iraker. Die meisten hätten sich dem Befehl jedoch widersetzt, weil sie befürchteten, als menschliche Schutzschilde missbraucht zu werden.

Im Westen der Stadt habe der IS "eine große Zahl von Menschen" aus Gebieten südlich von Mossul zusammengetrieben und sie zwangsweise nach Mossul gebracht, sagte ein anderer Iraker.

Offensive auf Mossul

Zehntausende irakische Soldaten und kurdische Peschmerga-Kämpfer versuchen seit gut zwei Wochen, Mosul aus der Gewalt der IS-Miliz zu befreien. Im Osten von Mossul war es irakischen Eliteeinheiten am Dienstag nach eigenen Angaben erstmals gelungen, auf das Stadtgebiet vorzudringen. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) teilte mit, seit dem Beginn der Offensive Mitte Oktober seien bereits mehr als 20.000 Menschen vertrieben worden.

Am Mittwoch versuchten irakische Soldaten und kurdische Kämpfer, den Belagerungsring um Mossul noch enger zu ziehen. Im Osten wurde nach Angaben einer AFP-Reporterin direkt an der Stadtgrenze weiter gekämpft. Im Norden standen die Regierungstruppen nach Armeeangaben zwei Kilometer vor der Millionenstadt, im Süden waren die irakischen Streitkräfte noch rund 30 Kilometer entfernt. Westlich von Mossul kämpfen schiitische Milizen, die dem IS Rückzugswege Richtung Syrien versperren sollen.

4.000 bis 7.000 IS-Kämpfer

Der IS verfügt Schätzungen zufolge in und um Mossul über 4.000 bis 7.000 Kämpfer. Nach Angaben eines Irakers halten sich die meisten von ihnen am Westufer des Tigris auf. Sie hätten bereits Autobomben, Selbstmordattentäter und Scharfschützen vorbereitet und Sprengstoff an Straßen und Brücken angebracht. Nun seien sie "offenbar bereit zu kämpfen".

Im bereits eroberten Gogdschali am östlichen Stadtrand von Mossul schwenkte ein irakischer Soldat eine schwarze IS-Flagge. "Wir haben sie weggenommen und stattdessen eine irakische Flagge gehisst", sagte der Soldat.

Obwohl in der Nähe noch das Gewehrfeuer zu hören war, trauten sich die Bewohner von Gogdschali wieder auf die Straße. Unter der IS-Herrschaft hätten sich die Menschen wie "im Gefängnis" gefühlt, sagte ein Bewohner. "Aber dank Gottes Hilfe fühlen wir uns jetzt wieder sicher." Viele Männer stutzten sich mit großer Freude die Bärte, die sie unter den Islamisten hatten wachsen lassen müssen.

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