Internationaler Gerichtshof ordnet an: Russland muss Krieg sofort stoppen

Putins Russland
Das höchste UN-Gericht gab am Mittwoch einer Klage der Ukraine gegen Moskau statt. Was das bedeutet.

Der Internationale Gerichtshof (IGH bzw. ICJ) hat angeordnet, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Das höchste Gericht der UNO mit Sitz in Den Haag gab am Mittwoch einer Klage der Ukraine gegen Russland auf Basis der UN-Völkermordkonvention statt.

Die Gewalt müsse sofort enden, sagte die Präsidentin des Gerichtes, Joan Donoghue. Dieser Einsatz führe zu unzähligen Toten und Verletzten. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij schrieb auf Twitter von einem „kompletten Sieg“ seines Landes vor dem Gericht und verlangte von Russland, die Anordnung sofort umzusetzen.

Genozidvorwürfe

Russland plane „Taten von Genozid“ und verletze und töte absichtlich „Menschen der ukrainischen Nationalität“ - diese Vorwürfe hatte die Regierung in Kiew Ende Februar vor dem IGH erhoben. Sie forderte das Gericht auf, zu erklären, dass der Krieg gegen die Ukraine keine rechtliche Grundlage habe. Der Kreml rechtfertigt seine Invasion bekanntlich mit dem unbelegten Vorwurf des Völkermords an russisch-stämmigen Menschen im Donbass.

Da bis zu einem Urteil des IGH Jahre vergehen könnten, nutzte Kiew die Möglichkeit einer Dringlichkeitsklage. In dieser forderte es auch, dass das Gericht bis zu seinem Urteil einen sofortigen Stopp aller russischen Militäreinsätze in der Ukraine anordnet, was es nun tat.

Druck erhöhen

Urteile des IGH sind zwar bindend, allerdings fehlen dem Gericht die Mittel, sie auch durchzusetzen. Es könnte zwar den UN-Sicherheitsrat um Unterstützung bitten, in diesem hat Russland als eine der fünf Vetomächte aber die Möglichkeit, Entscheidungen zu blockieren.

Aus diesem Grund zeigte es bisher keinerlei Interesse an dem IGH-Verfahren. Vertreter Moskaus erschienen weder zu einer Anhörung noch zur Verlesung der jetzigen Entscheidung. Diese könne laut Experten aber durchaus eine Signalwirkung haben und den Druck auf den Kreml erhöhen. 

Putin im Visier?

Das zweite internationale Gericht, das sich mit dem Ukraine-Krieg befasst, ist der Internationale Strafgerichtshof (IStGH bzw. ICC), ebenfalls in Den Haag tätig. Chefankläger Karim Khan hat Anfang März Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine eingeleitet. Der Brite wollte am Mittwoch an die polnisch-ukrainische Grenze reisen, um dort mit Flüchtlingen zu sprechen. Er sprach auch mit Präsident Wolodimir Selenskij, allerdings nur virtuell.

Der IStGH ermittelt gegen Einzelpersonen, könnte also Putin ins Visier nehmen. Allerdings wäre es äußert schwer zu beweisen, dass dieser persönlich Kriegsverbrechen angeordnet hat. Ebenso schwer wäre es wohl, seiner habhaft zu werden; den Haftbefehl zu vollstrecken, würde den Ländern obliegen, die den IStGH unterstützen.

Dazu kommt, dass rechtlich unklar ist, ob der Gerichtshof überhaupt in Sachen Ukraine tätig werden kann. Weder die Ukraine noch Russland erkennen ihn an, auch wenn die Ukraine dem Gericht 2020 eingeräumt hat, Vorkommnisse auf ihrem Staatsgebiet seit 2014 zu untersuchen.

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