"Israel ist in die Falle der Hamas getappt"
Internationale Tageszeitungen kommentieren am Montag die Entwicklung im Gazakrieg und den zunehmenden Antisemitismus in Europa wie folgt:
Dagens Nyheter (Stockholm):
"Kein Mensch bei klarem Verstand kann annehmen, dass die Hamas mit etwas anderem gerechnet hat als dem, was jetzt geschieht. Und doch geschieht es. Der Konflikt weitet sich aus und ein großer Krieg rückt näher. Das israelische Militär beschießt Ziele in Syrien und liefert sich fast täglich Gefechte mit der als terroristisch eingestuften Hisbollah an der Grenze zum Libanon im Norden, während Rebellen im Jemen nach eigenen Angaben auf Israel geschossen haben. Die ganze Region ist erschüttert. Ebenso wie viele westliche Länder, in denen die Hassverbrechen gegen Juden, aber auch gegen Muslime im vergangenen Monat zugenommen haben. Die Welt ist in Aufruhr.
Eines der wenigen Dinge, die wir mit Gewissheit sagen können (auch wenn es schwer zu glauben ist), ist dies: Terrorismus funktioniert. Die Rekrutierung der Hamas für die nächsten Jahrzehnte ist gesichert (...). Die Hamas will Israel und seine Bevölkerung bekanntermaßen auslöschen und diesem Ziel kann sie ohne eine Art großen Krieg nicht näher kommen. Und um die Chance auf einen großen Krieg zu bekommen, muss die Welt in Aufruhr versetzt werden."
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Corriere della Sera (Rom):
"In Europa wird die Trauer von einer zunehmenden Zahl an Aggressionen gegen jüdische Mitbürger begleitet: Hakenkreuze an den Wänden, Angriffe auf Synagogen und jüdische Friedhöfe. Angriffe auf Juden. Nicht gegen Israelis, die in irgendeiner Beziehung zu (Israels Ministerpräsident Benjamin) Netanyahu stehen. Angriffe auf Menschen, die keinerlei Verbindung zu den Bombardierungen und Raketenangriffen auf den Gazastreifen haben. Juden. Nur Juden. Niemand Anderes als Juden.
In Deutschland haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz, insbesondere aber Vizekanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock dazu geäußert. In Großbritannien hat Labour-Chef Keir Starmer die Zwiespältigkeit in einigen Aufrufen zu einer Feuerpause im Gazastreifen angeprangert. Bei uns (in Italien) weniger. Viel weniger."
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De Tijd (Brüssel):
"Israel ist in die Falle der Hamas getappt. Mit ihrem gnadenlosen Terroranschlag hat die Hamas eine überzogene Vergeltungsaktion provoziert. Und zwar in der Hoffnung, dass die muslimische Welt so sehr in Wut gerät, dass der Konflikt eskaliert.
Die wichtigste Frage lautet daher: Wie kann die Spirale von Gewalt und Vergeltung durchbrochen oder zumindest abgeschwächt werden? Die realistische Antwort darauf ist nicht ein vollständiger Waffenstillstand seitens der israelischen Armee. Solange der Hamas-Terror nicht im Keim erstickt werden kann, gibt es keine Sicherheit.
Notwendig ist jedoch, dass die militärischen Aktionen Israels verhältnismäßig werden. Dies sollte möglich sein, indem man zum Beispiel mehr humanitäre Hilfe nach Gaza lässt, den Strom nicht abstellt oder Notkrankenhäuser öffnet.
Natürlich ist das alles schwierig, weil sich die Hamas-Terroristen in der Zivilbevölkerung verstecken. Aber mit solchen Taten der Menschlichkeit würde Israel zeigen, dass es Krieg gegen die Hamas, aber nicht gegen die palästinensische Bevölkerung führt."
Hospodarske noviny (Prag):
"Wenn Israel zu hart vorgeht, riskiert es, dass weitere Akteure in den Konflikt eintreten, um nicht ihr Gesicht zu verlieren. Es geht vor allem um die libanesische Hisbollah, um Syrien und den Iran. Liegt ein solcher massiver Konflikt im Interesse Israels? Nein. Wäre er in unserem Interesse? Ganz entschieden nicht. Sehr wahrscheinlich würde dies zu einer riesigen Migrationswelle führen. Man stelle sich nur eine weitere Destabilisierung des bereits außerordentlich fragilen Libanons vor. Wir reden hier von Millionen potenziellen Flüchtlingen, von denen ein Großteil Europa zu seinem Ziel machen würde. Die äußerst rechte Alternative für Deutschland wird bereits jetzt in Umfragen von einem Fünftel der Deutschen unterstützt. (...) Wer eine noch größere Destabilisierung unserer Demokratien, die schon genug Probleme haben, anstrebt, der sollte nach einem massiven Konflikt im Nahen Osten rufen."
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