Insider: Der Vatikan schlitterte in ein Finanz-Debakel

Angeblich kurz vor dem Bankrott. Autor macht unter anderem Missmanagement und Korruption dafür verantwortlich. Papst ist gefordert.

„Der Vatikan steht kurz vor dem Bankrott. Papst Franziskus ist mit einer schweren Finanzkrise konfrontiert, die zu einer Pleite führen könnte.“ So die Warnung des Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi. Mit seinem Buch „Giudizio Universale“ (Das jüngste Gericht), das am Montag in Rom präsentiert wurde, sorgt er erneut für Aufregung.

Insider: Der Vatikan schlitterte in ein Finanz-Debakel

Aufdecker Gianluigi Nuzzi

Nuzzi, der durch den „Vatileaks“-Skandal bekannt geworden war, hat für sein Werk zwei Jahre lang geheime Informationen gesammelt. Und nach eigener Aussage „schockierende Interviews mit Monsignori und Kardinälen geführt sowie zahlreiche Zeugenaussagen gesammelt.

Warum aber geriet der Vatikan derart in die roten Zahlen? Ein starker Rückgang bei Spenden, „unkontrolliertes“ Wachstum der Personalkosten, Wertverluste bei Immobilien, Mankos in den Fonds für die Pensionen und das Gesundheitswesen seien nur einige der Gründe, die den Vatikan-Kassen schaden. Vor allem aber setzen Misswirtschaft, dubiose Geschäfte und inkompetentes Management dem Kirchenstaat zu.

Erst kürzlich stand der Vatikan wegen eines Finanzskandals im Fokus. Fünf Mitarbeiter der römischen Kurie wurden Anfang Oktober wegen verdächtiger Immobilientransaktionen suspendiert. Ihnen wird Betrug, Korruption, Geldwäsche und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Allein zwischen 2015 und 2017 seien die Vatikan-Ausgaben um 62 Prozent gewachsen, schreibt Nuzzi. Das Defizit 2019 sei gar um 200 Prozent gestiegen.

Papst Franziskus bemüht sich seit seinem Amtsantritt um mehr Transparenz in der vatikanischen Finanzverwaltung, was auch mit zahlreichen Personalwechsel einherging. Doch die päpstlichen Reformversuche stoßen auf starken internen Widerstand. Der Papst sei zunehmend isoliert, heißt es aus Insider-Kreisen. Die Finanzsituation habe sich nach dem Rücktritt seines Vorgängers Benedikt XVI. noch verschlimmert.

Mangelnde Kompetenz

„Meiner Meinung nach stehen wir vor einem Zusammenbruch des Managements, die Methoden sind alt, wie die Dokumente belegen, außerdem fehlt es an Kompetenz in den Chefetagen“, kritisiert Nuzzi. Besonders deutlich sehe man die Misswirtschaft bei der Immobilienverwaltung. Der Vatikan besitzt Immobilen im Wert von 2,7 Milliarden Euro. Doch von 4.421 Gebäuden stehen 800 Häuser leer, und von den 3.200 Wohnung werden 15 Prozent kostenlos vermietet.

Dubiose Geschäfte

Auch diesmal hat Nuzzi den umstrittenen Umgang mit dem Peterspfennig, den weltweiten Spendengeldern für den Vatikan von Gläubigen (für apostolische und karitative Zwecke), im Visier. Von zehn Euro würden nur zwei Euro tatsächlich für Hilfsprojekte verwendet, rechnet Nuzzi vor. Laut geheimen Vatikan-Dokumenten wurden 650 Mio. Euro aus dem Peterspfennig in den vergangenen Jahren vom Staatssekretariat nicht für Arme aufgewendet, sondern flossen in undurchsichtige Geschäfte. 224 Millionen Euro investierte der Vatikan angeblich in eine Ölplattform vor der Küste Angolas. I. Mayer-Kilani, Rom

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