Indien zieht als Klimasünder Nummer drei die Notbremse
Tage wie dieser in Neu-Delhi keine Ausnahme: Dicker Smog steht über Indiens Hauptstadt, gegenüberliegende Fahrbahnseiten liegen hinter einem grauen Schleier. Die Stadtbewohner atmen eine gefährliche Mischung aus Abgasen von Autos, Industrie, Kohlekraftwerken und Tausenden kleinen brennenden Feuern.
Der Schadstoffindex der Regierung für Feinstaub lag zu Wochenbeginn bei atemberaubenden 712 Mikrogramm pro Kubikmeter – das 70-Fache dessen, was die WHO als Durchschnittswert empfiehlt. Schlimmere Werte sogar als im smoggeplagten Peking.
Doch auch wenn in Indien kein Alarm gegeben wird, und Menschen keine Atemschutzmasken überziehen, beginnt die Regierung in Indien die Notbremse zu ziehen: So kann es nicht weitergehen – denn dann würde sich der CO2-Ausstoß in den nächsten 15 Jahren versiebenfachen.
Suche nach Alternativen
Pro Kopf und Jahr emittiert ein Inder im Durchschnitt zwar nur 1,7 Tonnen Kohlendioxid (knapp ein Zehntel des CO2-Ausstoßes eines US-Bürgers). Doch angesichts der Bevölkerungszahl von 1,3 Milliarden Menschen ist Indien heute nach China und den USA bereits der drittgrößte Klimasünder der Welt. Unmittelbar vor der Klimakonferenz von Paris überraschte Indien deshalb mit Plänen, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um bis zu 35 Prozent zu verringern (auf Basis von 2005). Erreicht werden soll dies durch den massiven Ausbau von Solarenergie sowie Wind- und Wasserkraft.
In 15 Jahren sollen, so der Plan, 40 Prozent des indischen Stroms durch nicht-fossile Energieträger erzeugt werden.
Zugute kommen soll dies vor allem jenen 200 Millionen Indern, in deren Dörfern es noch immer keinen Strom gibt.
"Die große Mehrheit der Menschen ist mit Sonnenlicht durch das ganze Jahr hindurch gesegnet, und doch sind viele ohne Energie", sagte Indiens Premier Narendra Modi gestern in Paris. "Wir wollen Sonnenenergie in ihr Leben bringen."
Auf Stromgewinnung aus Kohle aber kann und will Indien auch in Zukunft nicht verzichten. Und weil Indiens Wirtschaft weiter wachsen wird, bedeutet dies auch keine tatsächliche Verringerung der Emissionen. Im Gegenteil. Sie werden weitersteigen – wenn auch langsamer.
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