Aufnahmen zeigen, wie ein Männer-Mob Frauen missbrauchte. Der ethnische Konflikt im Bundesstaat Manipur führte seit Mai zu über 150 Todesopfern und 50.000 Vertriebenen.
„Sei nicht still, wenn es um Gewalt gegen Frauen geht“, „Stoppt die Gräueltaten“ und „Friede ist meine Religion“: Sätze wie diese stehen auf den Protestplakaten, mit denen viele Frauen und Männer in Indien seit dem 19. Juli gegen Gewalt an Frauen demonstrieren. Damit setzen sie den nationalistischen Ministerpräsident Narendra Modi unter Druck, der sich demnächst auch einem Misstrauensvotum im Parlament stellen muss.
Auslöser für die Proteste und das Votum ist ein viral gegangenes Video, das in weiten Teilen Indiens zu Wut führte. Die Aufnahme aus dem nordöstlichen Bundesstaat Manipur wurde bereits im Mai aufgenommen und zeigt, wie ein Männer-Mob zwei Frauen nackt durch die Straßen treibt, sie begrapscht und in ein Feld stößt. Mindestens eine von ihnen wurde laut Polizeiangaben Opfer einer Gruppenvergewaltigung.
Kirchen niedergebrannt
Der Fall sorgt auch deshalb für Aufregung, weil er vor dem Hintergrund eines extrem angespannten ethnischen Konflikts stattfand. Denn seit Mai war es zu heftiger Gewalt zwischen der mehrheitlich hinduistischen und die Politik dominierenden Mehrheit, den Meitei, sowie zwei vorwiegend christlichen Gruppen, den Kukis und den Nagas gekommen.
Mehr als 150 Menschen sollen im Zuge dieser Gewalt bereits gestorben sein. Zudem ist die Rede von 50.000 Vertriebenen sowie Tausenden niedergebrannten Häusern, darunter Hunderter Kirchen. Das Hilfswerk „Kirche in Not“ spricht von einer „offenen Christenverfolgung“ in Manipur.
Ethnische Gewalt gab es dort in der Vergangenheit bereits öfter, Anlass für die neuen Spannungen war unter anderem ein Gerichtsvorschlag. Dieser sollte den Meitei einen besonderen Stammesstatus gewähren.
Mit dem viral gegangenen Missbrauchsvideo hat das alles zu tun, weil es sich bei den beiden Frauen offenbar um Kuki-Christinnen und bei der Männergruppe um Meitei-Hindus handelte. Die Regierung in Neu Delhi hat nach Publikwerden der Aufnahmen zusätzliche Sicherheitskräfte in den Bundesstaat mit rund drei Millionen Einwohnern entsandt, Internetverbindungen gekappt und Reisebeschränkungen in die Region verhängt.
Suche nach Schuldigen
Ministerpräsident Modi versprach, die Schuldigen würden nicht davonkommen: „Was den Töchtern von Manipur widerfahren ist, kann niemals vergeben werden.“
Tatsächlich wurden bisher sieben Männer, die im Video zu sehen sein sollen, festgenommen. Modi steht dennoch scharf in Kritik, hatte er sich doch vor Aufkommen des Videos nie zum Konflikt in Manipur geäußert – und auch danach vor allem auf das Video bezogen. Schließlich regiert in Manipur die rechtskonservative, hindu-nationalistische Volkspartei BJP, der auch Modi angehört.
Das Misstrauensvotum gegen ihn – Datum war zunächst keines bekannt – wird aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die Opposition will den Regierungschef damit jedoch dazu bringen, sich zur Lage in Manipur zu äußern. Erst kürzlich schlossen sich 26 Oppositionsparteien der Allianz INDIA an. Sie möchte den Druck auf die Regierung ein Jahr vor der Parlamentswahl erhöhen.
Kommentare