In der AfD gärt es: Prozess gegen Petry, Höcke baut Macht aus
Es ist ruhig geworden um Frauke Petry, der Ex-Vorsitzenden der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Nach ihrem wohlkalkulierten Abgang während einer Pressekonferenz nach der Bundestagswahl folgten ihr zwar zig Reporter aus dem Saal, aber kaum jemand aus der Partei. Nun sitzt sie als wilde Abgeordnete im sächsischen Landtag und im Bundestag, vor ihr die ehemaligen Kollegen, die ihr bei Reden im Plenum den Applaus verweigern.
Prozesse statt Politik
Politisch macht sie also wenig von sich reden, dafür mit Gerichtsverfahren. Die AfD prozessierte gegen die ehemalige Vorsitzende, weil sie ihr neues politisches Projekt „Die Blauen“ nannte. Ein Name, denn die Partei vor ihr als Marke angemeldet hatte. Petry muss ihn nun löschen, entschied das Landgericht München vor einigen Wochen. Auch ihre Mandate könnte sie vielleicht verlieren. Seit gestern steht sie wegen Meineids vor Gericht. Der Vorwurf: Sie habe 2015 im sächsischen Wahlprüfungsausschuss wahrheitswidrige Angaben gemacht. Kurz: Es geht dabei um ein Darlehen der AfD-Landtagskandidaten zur Finanzierung des Wahlkampfes. Die Angeklagte sprach von einem politisch motivierten Prozess und schwieg vorerst.
Ihre Karriere als Politikerin könnte bei einem Schuldspruch vorbei sein, bevor ihre neue Partei überhaupt in die Gänge kommt. „Frei und konservativ“, lautete der Slogan – eine AfD „light“ mit liberaler Wirtschaftspolitik und weniger schrillen Tönen. Damit wollte die frühere Radikale einen gemäßigteren Kurs einschlagen, den sie in der AfD erfolglos antrieb. Im Frühjahr 2017 scheiterte sie mit einem Antrag für eine „realpolitische Strategie“ der AfD – und gegen den völkisch-nationalistischen Flügel um Rechtsaußen Björn Höcke. Auch sein Rauswurf aus der Partei, weil er unter anderem das Berliner Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hatte, gelang nicht. Am Ende stand Petry als Spalterin verachtet im Eck. Die Partei sei eben ein „gäriger Haufen“, erklärte Parteichef Alexander Gauland.
Partei in der Partei
Auch jetzt gärt und rumort es wieder. Denn Höcke und seine Unterstützer bauen ihre Macht in der Partei weiter aus. Sein ultrarechter Flügel, den der Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingestuft hat, gilt als eigenständige Partei in der Partei. So bezeichnete es der nordrhein-westfälische AfD-Bezirkssprecher Helmut Seifen in einem Schreiben, das mehreren deutschen Medien vorliegt. Zudem warnte er vom Höcke-Netzwerk, das auf andere Landesverbände Druck ausüben wolle. In jedem Verband wolle der Flügel Obleute haben, weitere Vereine und Nebenorganisationen helfen bei der Beschaffung von Spenden. Laut AfD-Mann Seifen dient ihm die Partei „lediglich als Vehikel zur Beförderung der eigenen Agenda und des eigenen Personals“. Der Verfassungsschutz hält es schon jetzt für möglich, dass der rechtsnationale „Flügel“ den Kurs der gesamten Partei bereits beeinflusst hat. Es sei zu befürchten, dass diese Strömung mit ihren „mutmaßlich verfassungswidrigen Einwirkungsversuchen auf die Gesamtpartei schon erste Erfolge erzielt hat“, heißt es im Gutachten.
Die Parteiführung unter Alexander Gauland und Jörg Meuthen scheint dies zu dulden. Es heißt, sie setzen auf Höcke, da er auch Wähler vom äußeren rechten Rand anziehe, auf die will man scheinbar nicht verzichten. Bei den kommenden Wahlen in Ostdeutschland tritt der Rechtsaußen als Spitzenkandidat in Thüringen an. Dass kürzlich sein enger Mitstreiter André Poggenburg die AfD verließ und eine weiter rechts stehende Partei gründete, war keiner Mäßigung geschuldet, sondern einem Machtkampf. So wie ihn Frauke Petry einst erlebt hat und er auf ihre Nachfolger zukommen könnte.
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