89.000 Neuinfektionen - aber für Trump sind die USA "am Wendepunkt"

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Biden und Obama attackieren Amtsinhaber Trump - der wiederum spielt die Pandemie erneut herunter.

Neue Infektions-Höchststände haben den Wahlkampf in den USA weiter angeheizt. US-Präsident Donald Trump verteidigte erneut sein Krisenmanagement und erklärte am Samstag (Ortszeit), die USA seien nun "am Wendepunkt" der Corona-Pandemie. Sein Herausforderer Joe Biden nutzte eine Kundgebung in Pennsylvania, um mit Trumps Corona-Politik abzurechnen. Wie die Johns-Hopkins-Universität am Samstag mitteilte, wurden in den USA binnen 24 Stunden 88.973 neue Ansteckungsfälle erfasst.

Die Tests sind schuld

Damit wurde der am Vortag bekannt gegebene Höchststand noch einmal deutlich übertroffen. Die Werte seien hoch, weil mehr als zuvor getestet werde, behauptete Trump in Wahlkampfreden am Wochenende erneut. Die Unzufriedenheit der Amerikaner mit Trumps Krisenmanagement in der Pandemie könnte zum entscheidenden Faktor für die Präsidentschaftswahl am 3. November werden.

Zwischen "Trump-Supererholung und einer Biden-Depression"

Trump führte seinen Wahlkampf mit Auftritten in drei Bundesstaaten allein am Samstag fort. "Diese Wahl ist eine Wahl zwischen einer Trump-Supererholung und einer Biden-Depression", sagte er vor Anhängern in North Carolina. Im Hinblick auf die Umfragen, die seinem Herausforderer Biden seit Wochen einen Vorsprung bescheinigen, sagte Trump, in Wahrheit seien seine Umfragewerte "viel besser als vor vier Jahren".

"Ich hatte es, hier bin ich"

Trump verharmloste die Corona-Gefahr noch wortreicher als bisher. "Ich hatte es, hier bin ich", verkündete Trump in Anspielung auf seine Covid-19-Erkrankung bei einem der Auftritte. "Und jetzt sagen sie, dass ich immun bin." Trump war unter anderem mit einem noch experimentellen Antikörper-Medikament behandelt worden, das er als "Heilmittel" bezeichnete. Bei jedem der Auftritte erzählte er zudem, dass sein 14-jähriger Sohn Barron schon kurz nach dem positiven Test von den Ärzten wieder für gesund erklärt worden sei. Trump gab bei den drei Reden drei Varianten zum Besten, wie schnell das ging: Nach 15 Sekunden, nach 15 Minuten und am nächsten Tag.

U.S. President Donald Trump holds a campaign rally in Londonderry

Den Anstieg der Corona-Infektionen im Land führte Trump darauf zurück, dass mehr als früher getestet werde. "Wenn wir halb so viel testen würden, wäre die Zahl halb so hoch." Überhaupt werde in den Medien ständig über das Virus geredet. "Macht man den Fernseher an: 'Covid, Covid, Covid, Covid, Covid'", beschwerte sich der Präsident. "Ein Flugzeug stürzt ab, 500 Leute sind tot, sie reden nicht darüber." Bei seinen Auftritten standen Tausende Anhänger dicht gedrängt, viele trugen keine Masken.

Biden: "Es wird ein düsterer Winter"

Biden warf Trump erneut Versagen in der Coronakrise vor, das Leben von Amerikanern gekostet habe. Er rief die Menschen dazu auf, Masken zu tragen. "Es wird ein düsterer Winter, wenn wir nicht unser Verhalten ändern", betonte er. "Und das alles, weil der Präsident sich mehr um den Aktienmarkt als um Euch Sorgen macht", sagte Biden an die Adresse der Wähler. Anders als Trump sprach Biden vor Leuten, die wie in einem Autokino mit ihren Fahrzeugen kamen. Ihre Zustimmung drückten sie mit einem Hupkonzert aus. Bei einem der Auftritte gab Rockstar Jon Bon Jovi ein Mini-Konzert. Ein neuer Werbespot für Biden wurde von Hollywood-Schauspieler Brad Pitt eingesprochen.

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Trump attackierte außerdem seinen Amtsvorgänger Barack Obama. An einer Veranstaltung des früheren US-Präsidenten hätten nur "47 Leute" teilgenommen, schrieb Trump im Online-Dienst Twitter. Er fügte hinzu: "Keine Energie, aber immer noch besser als Joe!"

Obama: "Trump hat es komplett vermasselt"

Obama seinerseits hatte sich in den vergangenen Tagen in den Wahlkampf eingeschaltet. Das Weiße Haus habe den Kampf gegen die Pandemie "komplett vermasselt", sagte der Ex-Präsident in Florida. "Donald Trump wird uns nicht plötzlich alle beschützen. Er kann ja nicht einmal die grundlegenden Maßnahmen ergreifen, um sich selbst zu schützen."

Inzwischen ist das Virus nach einem Ausbruch im Weißen Haus vor einigen Wochen erneut in den obersten Machtetagen angekommen. Der Stabschef von Vizepräsident Mike Pence wurde positiv getestet. Der Test bei Pence selbst sei negativ ausgefallen und er werde mit seinen Wahlkampfauftritten weitermachen, sagte ein Sprecher. Zudem wurde bekannt, dass schon vor Tagen ein Berater von Pence positiv getestet wurde. Sein Stabschef Marc Short ist jetzt in Quarantäne. Nach Medienberichten sind insgesamt fünf Pence-Mitarbeiter infiziert.

Bisher gaben bereits nahezu 60 Millionen Menschen ihre Stimme in Wahllokalen oder per Brief ab. Bei der Präsidentenwahl 2016 hatten insgesamt knapp 139 Millionen Amerikaner abgestimmt. Bei der Präsidentenwahl vor vier Jahren hatten gut 47 Millionen US-Bürger die Möglichkeit zur frühen Stimmabgabe genutzt. Diesmal waren es bis Sonntag nach Daten des "U.S. Elections Project" des Politikwissenschafters Michael McDonald von der Universität Florida bereits knapp 58,7 Millionen. Von ihnen hätten fast 19 Millionen persönlich gewählt und rund 39,7 Millionen per Brief.

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