Bisher hat kein Land die Taliban-Regierung anerkannt. Auch die Gespräche in Oslo, zu denen die USA, die EU, Frankreich oder Deutschland Teilnehmer schickten, bedeuteten „keine Legitimation“, wie Norwegens Außenministerin Anniken Huitfeldt betonte.
Man müsse aber dafür sorgen, dass die Lage im Land nicht noch schlimmer werde, sagte Huitfeldt laut ARD: „Ohne Dialog mit den Machthabern kann es ganz schnell gefährlich für die westliche Welt und auch für die Menschen in Afghanistan werden.“
Hälfte der Afghanen von Hunger bedroht
Während Huitfeldt den Westen noch vor den Afghanen in Gefahr sieht, leiden doch zuerst diese. Nicht nur, dass die Taliban wie schon während ihrer ersten Herrschaft bis 2001 Mädchen und Frauen brutal unterdrücken und ihnen Arbeit und Einkommen verwehren – das Land steht nach langer Dürre auch vor einer Hungersnot.
Mehr als die Hälfte der schätzungsweise 40 Millionen Einwohner seien von extremem Hunger bedroht, darunter Millionen Kinder, schlug das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Alarm. Der UN-Sicherheitsrat beschloss im Dezember die Ermöglichung humanitärer Hilfe in Afghanistan. Diese solle aber nicht direkt in die Hände der Taliban geraten, was in der Praxis schwer umzusetzen ist.
Um Hilfe, Frauenrechte und den Aufbau der Wirtschaft sollte es auch in Oslo gehen. Es blieb zunächst aber unklar, wie viel die Öffentlichkeit nach Beendigung der Gespräche erfahren würde.
Wie groß die Not in Afghanistan ist, sieht man indes an Frauen wie Delaram Rahmati. Die 50-Jährige lebt ohne Einkommen mit ihrem kranken Mann und acht Kindern in einem Flüchtlingscamp in einer Behausung aus Lehm und Plastik.
Dem britischen Guardian erzählte Rahmati, sie habe zwei ihrer Töchter verkaufen müssen, um neben Essen auch die Behandlung für ihren Mann und zwei ebenfalls kranke Söhne bezahlen zu können. 840 Euro habe sie pro Tochter erhalten, die sechs- und achtjährigen Mädchen würden an ihre künftigen Männer übergeben, wenn sie in die Pubertät kämen.
Berichte wie diesen hört man derzeit oft aus Afghanistan. Zwar waren Verlobungen im Kindesalter hier auch früher üblich. Nun müssen die „Bräute“ aber oft schon im Alter von nicht einmal zehn Jahren zu den Ehemännern ziehen, denen sie völlig ausgeliefert sind.
Um an Geld zu kommen, verkaufen etliche der ärmsten Afghanen dem Guardian zufolge eine Niere. Auch Rahmati habe das getan, für 1.200 Euro. Laut einem Aktivisten, der im Auftrag der 2021 gestürzten Regierung Organhandel untersuchte, handelten manche Kliniken illegal mit Nieren. Nachfrage gebe es etwa im Iran.
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