New Yorker Höchstgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
Das New Yorker Höchstgericht hob am Donnerstag das Urteil gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein auf. Der 72-Jährige war vor vier Jahren der Vergewaltigung von mehreren Frauen schuldig gesprochen worden, seine Verurteilung galt als größter Triumph der MeToo-Bewegung.
Wie die New York Times berichten, sprachen sich vier der sieben Höchstrichter dafür aus, das Urteil aufzuheben. Sie bemängeln einen eklatanten Verfahrensfehler: Der damals zuständige Richter soll der Staatsanwaltschaft zugestanden haben, Frauen in den Zeugenstand zu rufen, deren Vorwürfe gar nicht Teil der ursprünglichen Anklage gewesen waren. Die Aussagen dieser Frauen hätten die Geschworenen eindeutig beeinflusst, somit sei das Verfahren Weinstein gegenüber nicht fair gewesen.
Weinstein bleibt vorerst trotzdem im Gefängnis
Weinstein, der zum Zeitpunkt seiner Verurteilung als einer der erfolgreichsten Filmproduzenten zu den mächtigsten Männern in Hollywood zählte, galt in der Öffentlichkeit schon vor seiner Verurteilung als schuldig - weil bereits mehr als 100 Frauen ihm vorgeworfen hatten, sie sexuell missbraucht oder vergewaltigt zu haben. Der Fall brachte die Metoo-Bewegung, bei der weltweit Frauen ihre Missbrauchserfahrungen öffentlich machten und Täter anprangerten, so richtig ins Rollen.
Rechtsexperten, so heißt es, hätten Weinstein aber schon unmittelbar nach seiner Verurteilung gute Chancen im Falle einer Anfechtung eingeräumt. Das New Yorker Höchstgericht, das sei angemerkt, ist mehrheitlich von Frauen besetzt.
Die Entscheidung vom Donnerstag bedeutet aber nicht, dass Weinstein damit auf freiem Fuß ist. Zusätzlich zu seiner Verurteilung aus dem Jahr 2020, die nun aufgehoben wurde, verurteilte ein Gericht in Los Angeles ihn in einem anderen Verfahren zu 16 Jahren Haft - ebenfalls wegen Vergewaltigung. Weinstein dürfte deshalb vom Hochsicherheitsgefängnis in Rome (New York) in ein kalifornisches verlegt werden. Doch auch in dieser Causa läuft ein Berufungsverfahren.
Zuständiger Staatsanwalt steckt gerade mitten in Verfahren gegen Donald Trump
Nun muss der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, entscheiden, ob das Strafverfahren gegen Weinstein neu aufgerollt wird. Doch der Fall landet zur Unzeit auf seinem Schreibtisch: Bragg steckt zurzeit mitten in einem Strafverfahren gegen Ex-US-Präsident Donald Trump, dem vorgeworfen wird, der Pornodarstellerin Stormy Daniels Schweigegeld gezahlt zu haben, um seine Chancen im Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu erhöhen.
Weinstein selbst reagierte bisher noch nicht auf die Entwicklungen vom Donnerstag. "Es ist erst vor 10 Minuten passiert, er weiß noch nichts davon", erklärte sein Anwalt Arthur Aidala unmittelbar nach der Urteilsaufhebung in Manhattan. Die Entscheidung sei jedenfalls "nicht nur ein Sieg für Herrn Weinstein, sondern für jeden Angeklagten in New York. Wir gratulieren den Höchstrichtern dazu, die grundlegendsten Prinzipien hochzuhalten."
Ganz anders fällt die Reaktion derjenigen aus, die Weinstein Missbrauch vorwerfen: "Heute ist ein entmutigender und schockierender Tag für alle Überlenden sexueller Angriffe", so Jane Manning, Vorsitzende der NGO Women's Equal Justice Project, die Vorwürfe gegen Weinstein sammelte.