Harmonische Töne bei Doskozils Ungarn-Besuch
Da zeigte auch der robuste Charme-Angriff von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wenig Wirkung. Bei allem beschworenem Willen zur Gemeinsamkeit mit dem Gast aus Wien, so stellte sein ungarischer Amtskollege Istvan Simicsko gestern in Budapest klar, gibt es eine unverrückbare Linie: "Ungarn wird und kann keine Migranten zurücknehmen." Die Regierung in Budapest beharrt darauf, dass Flüchtlinge, die nach dem Dublin-III-Verfahren eigentlich nach Ungarn zurückgebracht werden müssten – weil sie nämlich von Ungarn als erstes EU-Land registriert wurden –, nicht wieder zurück können.
Kritik an Dublin III
Doch so viel Entgegenkommen hatte Doskozil von seinem Blitzbesuch in der ungarischen Hauptstadt ohnehin nie erwartet. Als erster Verteidigungsminister Österreichs stattete er nach fast zehn Jahren dem Nachbarland wieder einen Besuch ab. Ein sozialdemokratischer Minister, der mehr harmonische Töne mit Ungarns national-konservativer FIDESZ-Regierung findet als so manches ÖVP-Regierungsmitglied. Er wolle das "Gemeinsame über das Trennende" stellen, sagte Doskozil, der in der Bewältigung der Flüchtlingskrise die Annäherung an Ungarn sucht.
Vergessen die feindlichen Töne, die da zwischen Wien und Budapest im Vorjahr noch kursierten. In Ungarn und damit auch in Österreich steigen die Zahlen der illegalen Grenzübertritte wieder. Jeden Tag werden in Ungarn, trotz aller Grenzzäune und trotz geschlossener Balkanroute, an die zweihundert Flüchtlinge aufgegriffen. In Österreich sind es laut Angaben des Verteidigungsministeriums kaum weniger.
Nach der Dublin-Regel müssten fast zwei Drittel von ihnen wieder zum Nachbarn zurückgeschickt werden. Doch Doskozil bremst und stößt damit in Budapest auf offene Ohren: "Die Dublin-Verordnung ist nicht mehr zeitgemäß. Man kann nicht davon ausgehen, dass alle Länder an den EU-Außengrenzen alle Verfahren führen können."
Trilaterales Treffen
Überhaupt, so der Verteidigungsminister, gehe es darum, in der Flüchtlingskrise neue Anstöße zu finden, und das viel schneller, als die EU bisher dazu in der Lage war. Im Kleinen soll dies nun versucht werden – in der Zusammenarbeit von Österreich, Slowenien und Ungarn. Bei einem Treffen der Innen- und Verteidigungsminister wollen die drei Staaten Antworten auf die drängendsten Fragen finden: Wie effizient die EU-Außengrenzen schützen, und wie verfährt man mit Asylsuchenden, deren Antrag abgelehnt wurde?
Antworten gab es darauf gestern bei Doskozils Besuch bei Ungarns Parlamentspräsidenten noch nicht. Laszlo Köver gilt als Vertrauter von Premier Orban und in Sachen Flüchtlinge als Hardliner.
Doch mehr als konkrete Zugeständnisse hatte sich Doskozil erhofft, das Eis zur Orban-Führungsriege zu brechen. Ein Glück, dass sich da gestern ein ideales Gesprächsthema anbot – das bevorstehende Fußballmatch zwischen Österreich und Ungarn. Das, so witzelte Verteidigungsminister Simicsko, sei die einzige echte Meinungsverschiedenheit mit seinem Amtskollegen – in der Frage, wer gewinnen wird. "Wir vertrauen auf unsere Erfahrung: Von 136 Länderspielen hat Ungarn 66 gewonnen, Österreich nur 40."
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