Handelskrise mit den USA: „Nicht nur die andere Backe hinhalten“

Markus Beyrer, Chef des wichtigsten EU-Industrieverbandes hofft, glaubt aber kaum an ein Einlenken Trumps bei den Strafzöllen

Seine Gespräche mit höchsten Wirtschaftsvertretern in Washington haben Markus Beyer, Generaldirektor des Europäischen Unternehmerverbandes BusinessEurope, nicht gerade optimistisch gestimmt: „Noch ist völlig unklar, was am 1. Mai passieren wird“, sagt er. Wenig deutet derzeit darauf hin, dass US-Präsident Donald Trump die EU dauerhaft von angedrohten Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte befreit.

KURIER: Verhandelt die EU-Kommission noch bis zur letzten Minute mit den USA?

Markus Beyrer: Natürlich wird bis zum Schluss versucht, die Zölle noch zu vermeiden. Aber für die Vertiefung der transatlantischen Beziehungen gibt es darüber hinaus noch weitere Bereiche, die man verbessern müsste. In dieser Hinsicht sind wir immer offen für Gespräche. Aber erst müssen diese ungerechtfertigten 25-prozentigen Strafzölle mit Bezugnahme auf die nationale Sicherheit der USA aus der Welt geschafft werden. Und danach können wir einen Rahmen für sinnvolle Gespräche suchen. Aber die EU wird jetzt sicher nicht mit der Pistole am Kopf verhandeln.

Die deutsche Regierung geht bereits davon aus, dass die US-Zölle ab 1. Mai wirksam werden.

Alles deutet darauf hin, dass es wieder eine Einzelentscheidung des Präsidenten sein wird. Wenn es dazu kommt, wird es von europäischer Seite Gegenmaßnahmen geben. Wir müssen unsere Rechte verteidigen und den Schaden ausgleichen. Das könnte in drei Schritten passieren: Zunächst ein Verfahren vor der Welthandelsorganisation WTO anstrengen. Das Zweite wären Schutzmaßnahmen für Stahlimporte in die EU, weil ja auch Europa dafür Sorge tragen muss, dass wir nicht vom Stahl überschwemmt werden. Das Dritte sind Gegenmaßnahmen: Gemäß einer von der EU-Kommission gestellten Produktliste werden Zölle auf US-Einfuhren eingehoben, etwa auf den oft erwähnten Whiskey. Diese Liste wird bei der WTO angemeldet. Das heißt nicht, dass sie sofort am nächsten Tag angewendet wird.

Ist der wirtschaftliche Schaden abzuschätzen, falls Trump seine Drohung wahr macht und Zölle verhängt?

Der Schaden wäre groß, weil das unsere wichtigste Handelsbeziehung beeinträchtigen würde. Die Frage ist: Ist es gescheit, darauf zu reagieren? Wir sind die Letzten, die eine Eskalation wollen. Wir wollen die Ausnahme von den Strafzöllen, und wenn notwendig eine moderate, strikt WTO-konforme Reaktion. Aber seine Rechte überhaupt nicht zu verteidigen, könnte bedeuten, diesem amerikanischen Präsidenten möglicherweise das falsche Signal zu senden. Nur die andere Backe hinzuhalten, könnte unter dem Strich die teuerste Lösung sein.

Was ist von Trumps Gegendrohungen zu halten, er werde auf europäische Sanktionen wiederum mit Zöllen auf deutsche Autoimporte antworten?

Kann sich Trump bei Autozöllen auf eine Gefährdung der nationalen Sicherheit beziehen? Das wird man erst sehen...

Was ist der Kern der Handelskrise mit den USA?

Die Amerikaner haben recht mit ihren Forderungen, dass sich im Umgang mit China da und dort etwas ändern muss. Wir teilen 80 Prozent ihrer inhaltlichen Bedenken, würden sie aber anders als die USA lösen wollen. Die WTO wäre das richtige Vehikel dafür. Es würde darum gehen, gemeinsam intelligent Druck zu machen und konkret zu wissen, welche Strategie man verfolgt. Aber gegen China vorzugehen und dabei gleichzeitig alle Partner zu verärgern, das ist ein bisschen viel auf einmal.

Droht europäischen Firmen der nächste Ärger, wenn die USA wie angekündigt aus dem Iran-Atomdeal aussteigen?

Das wäre das nächste Problem. Die dann wirksam werdenden US-Sanktionen bringen Firmen aus EU-Partnerländern bildlich gesprochen in eine Situation, wo sie wählen müssen, sich mit dem Hammer auf den linken oder den rechten Fuß zu hauen.

 

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