Hälfte der Russen fürchtet 3. Weltkrieg

Trotzdem Ja zur russischen Syrien-Mission

48 Prozent aller Russen fürchten, der Syrien-Konflikt könnte zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Russland und den USA und einem Dritten Weltkrieg eskalieren. Nur 35 Prozent halten einen Kompromiss für möglich. Dennoch sprachen sich 49 Prozent für die Fortsetzung der Syrien-Mission aus, ergaben Umfragen des Lewada-Zentrums, Russlands derzeit einzigem unabhängigen Meinungsforschungsinstitut.

Verhandlungen mit Westen

Der Auftrag des Volkes an die Politik sei klar, glauben Meinungsforscher: Moskau solle mit dem Westen verhandeln, dabei aber die Bedingungen stellen. Der Krim-Konsens, der die Nation nach dem Russland-Beitritt der Schwarzmeerhalbinsel 2014 zusammenschweißte, habe sein Potenzial erschöpft, fürchten Kolumnisten und Politikwissenschaftler. Syrien eigne sich jedoch nur bedingt als Ersatz.

Rolle der Medien

Die positive Einstellung zu Moskaus Syrien-Mission, warnt Nikolai Petrow vom Moskauer Carnegie-Zentrum, erkläre sich zum einen dadurch, dass die Russen ihre Information dazu nur aus den Medien beziehen. Und die berichten in der Tat eher positiv. Nicht nur das so gut wie ausschließlich staatliche oder staatsnahe Fernsehen. Auch die durchaus kritischen Printmedien und Experten, die dort zu Wort kommen. Russophobie verhindere "objektive Arbeit und Terrorismusbekämpfung". Russland als Verursacher für die humanitäre Krise zu porträtieren, sei haltlos, schreibt Witali Naunkin vom Institut für Orientalistik der Akademie der Wissenschaften und listet pedantisch alle Verbrechen der US-geführten Koalition auf syrischem Gebiet auf.

Zum anderen, so Carnegie-Forscher Petrow, werde Moskaus Syrien-Mission eher positiv wahrgenommen, weil es bisher kaum Verluste gab und keine neuen Terroranschläge wie der Abschuss der russischen Verkehrsmaschine über dem Sinai vor fast genau einem Jahr mit 224 Toten. Da die Macht auch die Kosten der Syrien-Operation verschweige, seien ihre Zustimmungsraten nach wie vor hoch.

Putins Geldsorgen

Hoffnungen von Kremlchef Wladimir Putin, das Engagement in Syrien werde Moskaus Haltung in der Ukraine-Krise aus dem kollektiven Gedächtnis der internationalen Gemeinschaft verdrängen, hätten sich nicht erfüllt. Der Zugang zu westlichen Finanzmärkten, wo Putin sich für soziale Wohltaten im Vorfeld der Präsidentenwahlen 2018 Geld borgen muss, sei wegen der Sanktionen weiter versperrt. Entweder gibt es doch noch eine Entspannung im Verhältnis Russlands im Verhältnis zum Westen oder Putin muss vorgezogene Wahlen anberaumen. Die Entscheidung werde noch vor Jahresende fallen. Auf Putins Botschaft an das Parlament in Moskau Anfang Dezember darf man daher gespannt sein.

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