Grüne Basis schwächt Roth

Grüne Basis schwächt Roth
Claudia Roths Urwahl-Absturz sät leise Zweifel am rot-grünen Bündnis – ohne reale Folgen.

 „Ihr erstes ehrliches Wahlergebnis“ nannte die Süddeutsche Zeitung die 26 Prozent für Parteichefin Claudia Roth, eine Urwahl sei „eben etwas anderes als ein Parteitag“. In der Abstimmung der Basis über die Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl 2013 kassierte damit die Dauer-Exponentin des linken Parteiflügels eine Niederlage, die sie und auch die Partei so nicht erwartet hatten.

Roth gab sich in den gut 30 Jahren ihrer Parteikarriere als die „expressionistische Verkörperung grüner Politik“ (Selbstbeschreibung im letzten Interview mit der Welt). Trotzdem landete sie tief abgeschlagen hinter drei anderen Führungsfiguren: Fraktionschef Jürgen Trittin erhielt 72 Prozent, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt 47 und sogar die in Berlin gescheiterte Renate Künast noch 37 Prozent.
35.000 Mitglieder, fast 60 Prozent, hatten an der Brief-Abstimmung teilgenommen, der einzigen einer Partei. Sie war der Kompromiss gewesen, weil sich ihre Führung vorher nicht auf das Doppel­team zur Wahl hatte einigen können.

„Sesselkleber“

Die sonst keinem Mikrofon ausweichende Roth war von ihrem Absturz so geschockt, dass sie bis Montag abtauchte. Da verkündete sie dann, dass sie sich am Samstag-Parteitag trotzdem zur Wiederwahl als Parteichefin stellen wolle. Auch das hatte die Mehrheit der Partei und der Presse eher nicht erwartet.
Roth gilt manchen Jüngeren in der Partei inzwischen als „Sesselkleber“, obwohl auch der ursprünglich aus dem Kommunistischen Bund Westdeutschlands zu den Grünen gestoßene Trittin genau so lange zu ihren Exponenten und denen ihres linken Flügels zählt.

Auch dürfte Roths Glaubwürdigkeit zumindest dort angekratzt sein: Sie war immer die erste und emotionalste Stimme der Grünen für Schwächere aller Art. Zuletzt forderte sie die Aufnahme aller Syrien-Flüchtlinge. Das Welt-Interview gab sie
aber in ihrem Zwei-Sterne-Stammlokal, wo ein halber Löffel Kaviar 56 Euro kostet. Ein „Leben nach der Politik könne sich nur zwischen Berlin, New York und Istanbul vorstellen“, sagte sie darin.

Die bescheiden auftretende Göring-Eckardt war überraschend als Kandidatin des rechten Flügels gestartet. Die Ostdeutsche aus der DDR-Bürgerbewegung ist die höchste Laien-Funktionärin der Evangelischen Kirche Deutschlands, worauf sie während des Wahlkampfs nun verzichten will. Die Pastoren-Ehefrau ist auch Bundestags-Vizepräsidentin, und auch das solle sie nun aufgeben, forderte die CSU.

Dauerbündnis

Göring-Eckardt hatte während der Abstimmung darüber philosophiert, ob die Dauerbindung der Grünen an die SPD taktisch klug sei. Daraus leiteten einige vom linken Flügel der CDU und vom rechten der Grünen eine Option mit ihr zu einer schwarz-grünen Koalition nach dem September 2013 ab. Ähnlich, aber ebenso vage hatte sich zuvor Winfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs geäußert. Die bisher einzige schwarz-grüne Koalition in Hamburg war allerdings erfolglos und wegen der Grünen früh geplatzt.
Am Montag nun bekräftigten einige Funktionäre vom CDU-Arbeitnehmerflügel ihre Hoffnung auf Schwarz-Grün. Das beunruhigte SPD-Chef Sigmar Gabriel so, dass er von den Grünen ein Bekenntnis zum Rot-Grün-Bündnis verlangte.
Göring-Eckardt und alle anderen Grünen-Chefs gaben ihm das rasch: Schwarz-Grün im Bund sei auch weiterhin „keine Option“ für sie.

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