Und tatsächlich scheinen sich hier die Prognosen, die Labour aktuell 40 und die Konservativen bei 21 Prozent sehen, besonders zu bestätigen. Während einem andernorts die blauen Unterstützungsposter der Konservativen oder die „Liberal Democrats Winning Here“-Schilder in Warnwesten-Orange unterkommen, haben die Wohnstraßen von Swindon einheitlich rote Farbtupfer.
Selbst in der historischen „Old Town“ rund um das Büro des Parlamentsabgeordneten und früheren Justizminister Robert Buckland.
Er könnte sich also tatsächlich einstellen: der Erdrutschsieg für die sozialdemokratische Arbeiterpartei.
Gezänke der Politiker
In jedem Fall haben die britischen Spitzenpolitiker ihre Krallen ausgefahren, wie sie es vor allem in Zeiten der Veränderung tun.
So beschuldigt Premier Rishi Sunak Labour-Chef Keir Starmer, den Briten das Geld aus der Tasche zu ziehen. Starmer bezichtigt Sunak der Lügerei. Die Labour Partei behauptet, es gebe dank Tories mehr Schlaglöcher in Großbritannien als Krater auf dem Mond.
Der neue Reform-UK-Chef Nigel Farage beschimpft die Tories als neue Arbeiterpartei (weil sie sich für einen starken Staat stark machen würden) und behauptet, Labour würde eine Masseneinwanderung herbeiführen.
Nur Ed Davey von den Liberal Democrats beschuldigt niemanden so wirklich, aber er muss derzeit die Konsequenzen eines Postskandals ausbaden. Dafür schmeißt er sich freiwillig ins Wasser, macht Interviews in rotierenden Teetassen und kämpft sich durch Hindernisparcours. Seine Partei liegt in Umfragen auf Platz vier. Fast 20 Prozent hinter Labour.
Gefahr der Selbstzufriedenheit
Aber darf sich die Arbeiterpartei auf den Prognosen ausruhen? „Es stimmt“, räumt Tim Bale, Professor für Politikwissenschaft von der Queen Mary Universität in London, ein „dass Labour sich vor Selbstzufriedenheit fürchten sollte." Doch die Chance der Konservativen das Amt zu halten, seien „mikroskopisch klein.“
Bale rechnet zwar mit einer niedrigen Wahlbeteiligung. „Doch sie müsste so niedrig sein wie nie zuvor, um das Ergebnis zu beeinflussen.“ Derzeit liege es für die Tories zwischen schlecht und katastrophal.
Doch obwohl die 79-jährige Gwen Labour am meisten abgewinnen kann, zieht sie frustriert an ihrer Zigarette.
„Ich habe mein Leben lang gearbeitet und lebe nun in einem Heim, das sich wie ein Gefängnis anfühlt. Ich kann mir kein Auto leisten, also bin ich auf den Bus angewiesen, der nie kommt. Früher sind wir jeden Tag in die Innenstadt auf einen Kaffee gegangen. Aber seit der Kaffee nicht mehr 2,70 sondern 3,50 Pfund (4,10 Euro) kostet, kann ich ihn mir nicht so oft leisten. Ist doch vollkommen wurscht, wer’s wird: Für uns wird sich nichts ändern.“
„Sie versprechen die Welt und geben dir am Ende nichts“, pflichtet ihr Freundin Janette bei.
„Es wird keinen Unterschied machen“, sagt Pensionist Rod.
„Sie zanken doch die ganze Zeit nur“, sagt Ex-Krankenschwester Lucy.
„Ich verfolge die Politik gar nicht mehr“, sagt die Studentin Alisha.
Die Abwahl des anderen
Ein wahrscheinlicher Erdrutschsieg und kaum einen berührt es. Gab es das so schon einmal?
„Es ist sehr leicht, die Begeisterung der Menschen zu überschätzen“, sagt Tim Bale. „Im Jahr 1997, als Labour den letzten großen Sieg aus der Opposition heraus errungen hat, war der Hauptantrieb der Wähler, die Konservativen loszuwerden. Genau wie heute. Tony Blair war zwar beliebter und inspirierender als Keir Starmer, aber er wurde nicht als eine Art Messias angesehen, außer vielleicht von Mitgliedern seiner eigenen Partei, die seit 18 langen Jahren nicht mehr im Amt waren.“
Und so ist es einmal mehr für Labour weniger die Mammutaufgabe ins Amt zu kommen, sondern sich dort zu beweisen. Damit die Wähler rot als Parteifarbe sehen. Nicht als Ausdruck ihrer Frustration.
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