Großbritannien: Nein zur EU-Integration

Großbritannien: Nein zur EU-Integration
Ausgerechnet in Berlin machte der britische Außenminister Hague klar, dass London weniger, nicht mehr Europa will.

Die Retourkutsche kam schnell und dafür umso brutaler: Eben erst hatte Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle auf "engere Zusammenarbeit in der EU" gedrängt und die politische Union als großes Ziel angepriesen, da übernahm sein britischer Kollege William Hague das Podium beim "Berliner Forum für Außenpolitik". Und der Konservative ließ nicht den geringsten Zweifel daran, welchen unabänderlichen Kurs sein Land in der EU-Krise eingeschlagen hat.

"Manchmal ist weniger mehr, weniger ist besser", skizzierte er seine Grundhaltung gegenüber der EU: "Wir werden viele der künftigen Schritte der Integration nicht mitgehen." Eine Bankenunion etwa komme für Großbritannien nicht infrage. Überhaupt müssten viele Entscheidungen wieder den nationalen Parlamenten überlassen werden, "und nicht dieser riesigen Maschine EU, die alle Entscheidungsprozesse an sich reißt."

Budget-Blockade

Hague ist einer der maßgebenden EU-Gegner in der britischen Regierung – und die sind in London derzeit am Wort. Premier David Cameron, der lange meinte, sich irgendwie zwischen Europa und dessen erbitterten Gegnern in seiner Partei durchlavieren zu können, gerät immer mehr unter Druck. Wichtigster Streitfall: Das EU-Budget.

Schon auf dem jüngsten EU-Gipfel in der Vorwoche hatte der Regierungschef hartnäckig Widerstand gegen jede Erhöhung des EU-Budgets zur Krisenbekämpfung geleistet. Ein britisches Veto gegen das nächste Budget steht im Raum.

Noch kämpferischer gab sich Cameron am Montag im Londoner Parlament. Großbritannien werde "Gewehr bei Fuß" in den Kampf ums Geld ziehen.

Doch die oft erbitterten EU-Hasser vom rechten Rand der britischen Konservativen wollen sich mit kämpferischen Parolen nicht zufriedengeben. Seit dem Sommer läuft unter H­agues Leitung eine Überprüfung des EU-Regelwerks und seiner Verträglichkeit mit britischen Rechtsvorschriften. Vor allem die Zusammenarbeit bei der Verbrechensbekämpfung hat man im Visier. So will London den europaweiten Haftbefehl nicht mehr akzeptieren. Auch beim Streit um strengere Regulierungen für die Banken mauert Großbritannien konsequent.

Abgeschlossen soll diese Überprüfung 2014 sein – und gleich im Anschluss wollen die EU-Gegner eine Volksabstimmung abhalten. Die Briten sollen, so formuliert man es heute, "über weitreichende Änderungen in den Beziehungen zur EU" abstimmen. Wie nahe diese Änderungen dem tatsächlichen Austritt kommen könnten, hängt von den Entwicklungen der nächsten Monate ab.

Der nächste Showdown steht schon in zwei Wochen an. Dann reist die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach London, um Cameron mehr Geld fürs EU-Budget abzuringen. Spielraum aber hat der Premier nicht allzu viel, wie auch sein eigener A­ußenminister in Berlin klargemacht hat. "Zentralisierung und Vereinheitlichung" sei nicht der Weg für Europa, meinte er bei seiner Rede: "Es darf keine Nachteile für die Länder geben, die nicht überall mitmachen wollen."

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