Der letzte Weg der Eisernen Lady

epa03665231 An overhead view of the scene inside St. Paul's Cathedral as the tri-Service Bearer Party representing the armed services associated with the Falklands campaign carry the Union flag-draped coffin of former British prime minister Margaret Thatcher in St. Paul's Cathedral in central London 17 April 2013. EPA/DOMINIK LIPINSKI UK and Republic of Ireland EDITORIAL USE ONLY
Zehntausende säumten die Straßen zur schlichten Zeremonie, Proteste blieben im Hintergrund

Es sind gerade einmal ein paar halblaute Pfiffe und Buhrufe, die da durch die von friedlichen Menschenmassen gesäumte Fleet Street hallen. Doch für Steve ist auch das schon zu viel. „Die haben doch gerade einmal in die Windeln gemacht, als Thatcher regiert hat“, ärgert sich der pensionierte und ordentlich dekorierte Veteran der britischen Fallschirmjäger: „Was wissen denn die, wie es in diesem Land vor ihr zugegangen ist.“ Steve hat in Nordirland gedient, im Bürgerkrieg, hat dort, wie er sagt, sein Land verteidigt, „und das hat Thatcher auch getan.“

Der letzte Weg der Eisernen Lady
So wie Steve und seine Kameraden, die jetzt, wo derTrauerzug vorbeigerollt ist, einePint auf die Tote trinken, denkt die Mehrheit der Zehntausenden, die an diesem kühlen Tag Thatcher auf ihrem letzten Weg durch die Londoner Innenstadt begleiten. An jeder Ecke dankt jemand der Eisernen Lady für ihre Härte.„Die Gewerkschaften haben dieses Land regiert, nicht einmal den Müll hat jemandweggeräumt. Ohne sie wärenwir heute Griechenland.“

Polizei-Aufgebot

Die Tausenden Polizisten, die fast vor jedem Hauseingang und an jeder Ecke in der Menge stehen, sind vor allem damit beschäftigt, sich die Geschichten redseliger älterer Damen über ihre Jugend unter Thatcher anzuhören und verlorene Touristen durch das Gewirr an Straßensperren zu lotsen. Die Londoner nehmen’s gelassen.

Der letzte Weg der Eisernen Lady
Auf einer Geschützlafette, gezogen von sechs Pferden, rollt der Sarg, bedeckt vom britischen Union Jack, gegen halb elf in Richtung St.Pauls Kathedrale. Kurz davor hat sich tatsächlich ein kleineres Grüppchen versammelt, das den Hintern zwar – anders als angekündigt – in der Hose lässt, ihn aber immerhin demonstrativ dem Trauerzug zuwendet. Doch all das geht in der Musik der Militärkapellen und im tosenden Applaus der Menge unter. Von Milch, die auf die Straße geschüttet werden sollte, um an das Ende der Schulmilch unter Thatcher zu erinnern, und anderen Scherzen, ist nichts zu sehen. Nur dass sogar der Big Ben an diesem Vormittag nicht läutet, finden sogar einige der Veteranen etwas zu viel: „Den hat doch nicht einmal die deutsche Luftwaffe im Krieg zum Schweigen gebracht.“ Für Steve dagegen ist an diesem Tag Platz für Patriotismus: Immerhin habe sie aus „Britannien wieder Groß-Britannien“ gemacht.

Betont schlicht blieb aber die Zeremonie in der Kathedrale, an der neben der Queen und Prinz Philipp 2000 Gäste aus aller Welt teilnahmen. Österreich wurde von Außenminister Michael Spindelegger vertreten.

Thatcher selbst hatte die Trauerfeier vor Jahren geplant: Enkelin Amanda und Premier Cameron lasen aus der Bibel und der Erzbischof von London brachte in der Predigt die Gäste zum Schmunzeln. Sie habe einen Sturm an widersprüchlichen Ansichten entfacht, dass sie es sogar zu einem „Ismus“ (Thatcherismus, Anm.) gebracht habe. So wie Finanzminister Osborne in der Kirche verdrückten auch draußen Einige ein paar Tränen.

„Niemals verzeihen“

Gefürchtet habe sie sich vor den Protestierern, gesteht eine ältere Dame in der Menge. Schließlich könne man doch mit einer Toten nicht so respektlos umgehen.

Der letzte Weg der Eisernen Lady
Das aber ist für Bernadette und Jenifer zu viel Respekt. Nein, groß Lärm machen wollen sie bei einem Begräbnis nicht, aber die zweiSchilder und die Bergarbeiter-Helme, die die beiden mitgebracht haben, machen auch ohne Buhrufe deutlich, was sie von Thatcher in Erinnerung behalten haben – und werden. „Niemals vergessen, niemals verzeihen“, steht auf ihren Papptafeln. „Für all die Bergleute und Stahlarbeiter, die sie um ihren Job und ihre Zukunft gebracht hat“, ergänzt Jenifer, die sich bei der Todesnachricht eine lang reservierte Flasche Champagner gegönnt hat: „Eigentlich sollte man Thatcher in einem Sarg aus Sheffield-Stahl begraben. Schließlich hat sie ja dort die ganze Industrie zu Grabe getragen.“
Der letzte Weg der Eisernen Lady

BRITAIN THATCHER FUNERAL - BRITAIN THATCHER FUNERAL - APAEPA-Bilderdienst - 17.04.13 - Vollbild.jpg
Der letzte Weg der Eisernen Lady

BRITAIN THATCHER FUNERAL
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Britain's opposition Labour Party leader Miliband
Der letzte Weg der Eisernen Lady

The Ceremonial Funeral Of Former British Prime Min
Der letzte Weg der Eisernen Lady

THATCHER BEGRÄBNIS: VK SPINDELEGGER IN LONDON
Der letzte Weg der Eisernen Lady

The hearse carrying the coffin of former British p
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Spectators gather on the route to watch the funera
Der letzte Weg der Eisernen Lady

BRITAIN THATCHER FUNERAL
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Supporter of former British prime minister Thatche
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Union flags are prepared on the route of the funer
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Carol Thatcher, the daughter of former British pri
Der letzte Weg der Eisernen Lady

Mark Thatcher, the son of former British prime min

Kommentare