Als Robin Hood gegen Brüssel

Großbritannien: EU-Gegner Nigel Farage geht als Favorit in die schon heute beginnende Europawahl.

Mal ist es Ghandi, mal ein britischer Bomberpilot aus dem Zweiten Weltkrieg: Wenn es um Stichwortgeber geht, zieht Nigel Farage gerne überraschende Register. Mit "Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann attackieren sie dich – und dann gewinnst du", lässt er den indischen Freiheitshelden zu Wort kommen. "Die deutsche Flak schießt erst, wenn du nahe am Ziel bist" hat er sich dagegen bei dem Kriegshelden ausgeborgt.

Zusammen ergibt das Farages bevorzugte Grundhaltung in diesem EU-Wahlkampf: Allein gegen alle. So hat sich der Rechtspopulist und bekennende EU-Hasser immun gegen alle Attacken der Mitbewerber gemacht.

Robin-Hood-Rolle

Ob man ihm nun Rassismus vorhält, oder wirtschaftlichen Wahnwitz, an Farage prallt alles ab. Vielmehr, das bestätigen aktuelle Umfragen, hat es den 50-jährigen Ex-Börsenmakler in seiner Rolle als Robin Hood der britischen Politik bestätigt.

Farage und seine "Unabhängigkeitspartei" UKIP gelten als einzige ehrliche Gegner des politischen Establishments. Denn dieses, dagegen wettert Farage im Akkord, habe sich der EU angebiedert und so die britische Eigenständigkeit geopfert. So würde Großbritannien von Zuwanderern überflutet und nicht nur sein Sozialsystem, sondern auch seine Identität opfern.

Echte Briten würden eben nicht gerne neben einem Rumänen wohnen, schreckt er auch vor offenem Rassismus nicht zurück. Inzwischen kommt es bei Farages Auftritten regelmäßig zu Protesten. Der UKIP-Chef reagiert schlau. Zu heiklen Wahlkampfterminen schickt er schwarze Kandidaten. Neben ihnen wirken Demonstranten mit "Farage, du rassistischer Abschaum"-Plakaten wenig glaubwürdig – und werden von wütenden Farage-Fans ohnehin verjagt.

Die großen Parteien stehen dem Phänomen UKIP ratlos gegenüber. Die oppositionelle Labour geht dem Thema EU sogar bei EU-Wahlen möglichst aus dem Weg und setzt nur auf die Unzufriedenheit der Wähler über die regierenden Konservativen.

Vom Erfolg der UKIP unter Druck gesetzt, versuchen die ebenfalls mit EU-Skepsis zu punkten. Sie versprechen Rechte und politische Kompetenzen aus Brüssel zurück nach London zu holen.

Außerdem, so kündigt es der Premier unaufhörlich an, will man bis spätestens 2017 die Briten über den Austritt aus der EU abstimmen lassen. Damit begeht er, so urteilt Camerons langjähriger politischer Berater Phillip Blond gegenüber dem KURIER, einen fatalen Fehler: "Damit landen die Konservativen genau in der EU-politischen Sackgasse, in der Farage sie haben will."

Britische EU-Wahlen

Erste Entscheidung Wahlen finden in Großbritannien traditionell an einem Donnerstag statt, daher auch Europawahlen. Man ist gemeinsam mit den Holländern die erste Nation, die diese Wahl bestreitet.

Umfragen Die UKIP liegt mit 30 Prozent der Wählerstimmen klar vor der Labour-Partei mit 26 % und den Konservativen mit 22. Die pro- europäischen Liberaldemokraten liegen abgeschlagen bei 7 %.

So funktioniert die EU-Wahl.

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