Grillo-Berater mit wilden Komplott-Fantasien

Italien wartet noch immer auf eine Regierung. Staatspräsident Giorgio Napolitano steht wenige Wochen vor Ende der Amtszeit vor einer schwierigen Aufgabe. Er wollte am Freitag Mitte-links-Chef Pierluigi Bersani mit der Bildung einer Regierung beauftragen. Doch das ist keine leichte Mission angesichts der verworrenen Lage – für die unter anderem das unkooperative Verhalten des Überraschungswahlsiegers Beppe Grillo verantwortlich ist: Parteien sind für den Gründer der 5-Sterne-Protestbewegung (M5S) Feinde und gehören boykottiert. Dies demonstrierte er auch bei den Konsultierungsrunden mit dem Präsidenten. Komiker Grillo, der den Regierungsauftrag für sich beansprucht, lehnte jeden Vorschlag zu einer Regierungsbildung ab.

Vision 2054

Für Aufregung sorgt indessen das Internet-Video „Gaia – Die Zukunft der Politik“, hinter dem der M5S-Stratege Gianroberto Casaleggio steckt. Darin demonstriert der Informatiker seine Vorstellung von einer neuen Weltordnung im Jahr 2054. Bereits 2018 sei die Welt in zwei Teile gespalten: Der Westen verfüge über freies Internet und direkte Demokratie, während in China, Russland und Nahost-Ländern Diktaturen herrschten. Diese Spaltung werde 2020 zum dritten Weltkrieg führen. Nach 20 Jahren werde jedoch der Westen triumphieren. 2054 könnten, so Casaleggios Wunsch, die ersten universellen Online-Wahlen stattfinden.

Verschwörungen

Das Video ist voller Komplott-Fantasien: Westliche Symbole wie der Petersplatz würden zerstört, bakteriologische Waffen kämen zum Einsatz und die Weltbevölkerung werde drastisch reduziert. Casaleggio „spricht wie HAL 9000, der fiktive Computer des Raumschiffs Discovery im Kubrick-Film 2001: Odyssee im Weltraum“, schreibt L’Espresso.

Autoritäres Verhalten demonstrierten die M5S-Parlametarier auch bei ihrer ersten Pressekonferenz: Journalisten-Fragen waren verboten. Umweltaktivist Grillo, der die Medienleute beschimpfte, flüchtete nach dem Treffen im Präsidentenpalast im SUV-Geländewagen nach Ligurien. Sein Fahrer ignorierte dabei allein in Rom drei rote Ampeln.