Griechischer Migrationsminister: „Erdogans Drohung lockt Migranten an“

Giorgos Koumoutsakos gibt in Wien der Türkei Mitschuld an steigenden Migrantenzahlen. Und plädiert einmal mehr an die europäische Solidarität.

Wenn täglich rund 500 Menschen auf griechischen Inseln ankommen, wenn griechische Aufnahmezentren hoffnungslos überfüllt sind, wenn die griechischen Behörden mit der Bearbeitung von 75.000 Asylanträgen nicht nachkommen – ist das dann ein griechisches Problem oder ein europäisches?

Für Giorgos Koumoutsakos eindeutig Letzteres.

Die neue Regierung in Athen will sich ernsthafter und robuster als ihre Vorgänger um die Migration annehmen. Man wolle auch die Behörden mit rund 400 neuen Arbeitskräften stärken, um Asylanträge schneller und effizienter behandeln zu können. Lager sollen geschlossen und neue errichtet werden.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat die Europäische Union jüngst scharf dafür kritisiert, immer noch keine nachhaltige Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen gefunden zu haben. "Europa betrachtet Ankunftsländer wie Griechenland als bequeme Parkplätze für Flüchtlinge und Migranten", sagte Mitsotakis dem Handelsblatt.

Der griechisches Migrationsminister war diese Woche bei der „Vienna Migration Conference“ des ICMPD (Internationales Zentrum für die Entwicklung von Migrationspolitik) unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Außenministers Michael Spindelegger.

Die griechische Regierung hat vor allem eine Message: Die Migration ist ein gesamteuropäisches Thema.

Auf der Konferenz in Wien traf Koumoutsakos mit mehreren Kollegen aus anderen Ländern zusammen, um vorzufühlen, wie eine gemeinsame europäische Asylpolitik aussehen könnte.

Problem Türkei

Auch mit seinem türkischen Konterpart hat er sich in Wien getroffen. Und da gibt es viel zu besprechen: einen rapiden Anstieg der Ankünfte auf griechischen Inseln im Juni, angebliche illegale Rückführungen in die Türkei durch griechische Behörden an der Grenze, wiederholte Drohungen des Präsidenten in Ankara, die Türkei werde für die Millionen Flüchtlinge in ihrem Land die „Türen nach Europa“ öffnen.

Letzteres bezeichnete der griechische Minister als „offene Einladung“ an Migranten, Flüchtlinge und Schmuggler und somit einen „mächtigen Pullfaktor“.

Gleichzeitig bestritt er gegenüber dem KURIER, dass es illegale „Pushbacks“ in die Türkei gebe. Griechenland halte sich „immer an internationale Gesetze“.

Der Türkei warf Koumoutsakos indirekt vor, für den Anstieg an Ankünften in Griechenland mitverantwortlich zu sein: „An nur einem Tag landeten plötzlich 14 Boote in Lesbos. Man muss doch herausfinden können, wo diese Boote gebaut wurden, wo diese Tausenden Rettungswesten hergestellt werden, wo die Motoren für die Schnellboote herkommen.“ Die Türkei Man müsse nur dem Geld folgen, dann könne sie den Schleppernetzwerken das Handwerk legen.

Die EU jedenfalls brauche aber einen neuen Pakt über die Migration, dem alle Mitgliedstaaten zustimmen, sagt der konservative Politiker der Nea Dimokratia. Griechenland werde in den Verhandlungen „sehr präsent“ sein, sagte Koumoutsakos, der gleichzeitig die Initiative des deutschen Innenministers Horst Seehofer für ein neues Asylsystem begrüßte, das auf Solidarität und raschen Abschiebungen direkt von den EU-Außengrenzen basiert.

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