Griechische Medien: Bürger wählten den bestmöglichen Manager

Greece holds parliamentary election
Links-orientierte Presse sucht Ursachen des Wahldebakels der Syriza.

Am Tag nach dem klaren Sieg der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) bei den Parlamentswahlen haben griechische Medien den überraschend deutlichen Ausgang des Urnengangs analysiert. "Es gibt keine ideologischen Tabus mehr - die Bürger wählen den bestmöglichen Manager ungeachtet der Ideologie und der politischen Ausrichtung", schrieb die konservative Tageszeitung "Kathimerini".

Der bisherige Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und seine ND konnten 40,8 Stimmen auf sich vereinen und damit noch besser abschneiden als 2019 (39,9 Prozent). Die Links- und größte Oppositionspartei Syriza und ihr Parteichef Alexis Tsipras stürzten um mehr als 11 Prozentpunkte auf 20 Prozent ab.

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"Gestern hat sich die Masse der Wähler für große Reformen bereit erklärt", schrieb die "Kathimerini" weiter. Mitsotakis habe nun die historische Chance, das Land zu reformieren. Die Gefahr dabei sei, nicht bescheiden zu bleiben - vor allem angesichts der schwachen Opposition.

"Wer hat Tsipras auf dem Gewissen?"

Die links-orientierte Presse machte sich auf die Suche nach der Ursache des Wahldebakels. "Wer hat Alexis Tsipras auf dem Gewissen?" titelte die Syriza-nahe "Kontra News". Sie nannte schwere Fehler im Wahlkampf, darunter einen Syriza-Politiker, der nur vier Tage vor der Wahl in einem Interview plötzlich von massiven Steuer- und Abgabenerhöhungen für Selbstständige sprach.

Die Zeitung "Avgi", die als Sprachrohr der Syriza gilt, zitierte Tsipras, der bereits am Wahlabend Änderungen für den kommenden Wahlkampf angekündigt hatte.

Denn die Griechen werden trotz des klaren Siegs der Konservativen Ende Juni oder Anfang Juli erneut wählen müssen. Zwar erlangte Mitsotakis 145 Sitze im 300-köpfigen Parlament, aber eben nicht die absolute Mehrheit.

Bei den nächsten Wahlen greift eine Besonderheit im griechischen Wahlgesetz, die der ND aller Wahrscheinlichkeit nach die Macht sichert: Dann werden der stärksten Partei automatisch mindestens 20 Sitze im Parlament zugeschlagen, so dass die ND bei einem ähnlich guten Abschneiden eine weitere Amtsperiode in Alleinregie regieren könnte.

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