Varoufakis: Einigung im Schuldenstreit bis 20. April

Für eine Einigung sei die griechische Regierung bereit einige ihrer Wahlversprechen zeitlich zu versetzen.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis ist ungeachtet der scharfen Töne zwischen Athen und Berlin optimistisch, dass es im Schuldenstreit spätestens bis zum 20. April zu einer Einigung mit den Geldgebern kommen wird. Die griechische Regierung sei bereit, dafür einige ihrer Wahlversprechen zeitlich zu versetzen. Dies sagte Varoufakis nach griechischen Medienberichten am Samstag im italienischen Como. Details dazu nannte er nicht. Athen muss bis zum 20. März in zwei Raten weitere 842 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen und hätte damit die 1,5 Milliarden Euro IWF-Verpflichtungen für März erfüllt.

Die Aussage des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble zu einem möglichen unbeabsichtigten Austritt Griechenlands ("Graccident") aus der Euro-Zone wollte Varoufakis nicht kommentieren. "Ich möchte nicht Schäuble aus einem so schönen Ort antworten", sagte er in dem italienischen Touristenstädtchen. Schäuble hatte am Donnerstag im österreichischen Fernsehen erklärt: "Im Augenblick, da ja die Verantwortung, die Möglichkeit es zu entscheiden, was passiert, nur in Griechenland liegt, und da wir nicht so genau wissen, was die Verantwortlichen in Griechenland tun, können wir es (einen unbeabsichtigen Austritt) ja auch nicht ausschließen."

Zum verschärften Streit zwischen Berlin und Athen sagte wiederum Varoufakis: "Die Logik der Gegensätze und der sich gegenseitig bekämpfenden Allianzen des 20. Jahrhunderts gehört der Vergangenheit an."

Ein Bericht über Varoufakis´ Privatleben bringt dem griechischen Finanzminister indes viel Spott und Häme ein, mehr dazu hier.

Der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos hat indes für den Fall des Ausscheidens seines Landes aus dem Euro vor einem Domino-Effekt gewarnt. In einem Interview mit der Bild-Zeitung sagte der Minister laut Vorausbericht: "Wenn Griechenland explodiert, dann als nächstes Spanien, Italien. Und irgendwann Deutschland. Wir müssen deshalb einen Weg innerhalb des Euro finden."

DIW-Chef: Griechenland sitzt auf einem "Pulverfass"

Aus Sicht des Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, wächst die Gefahr eines unbeabsichtigten Austritts Griechenlands ("Graccident") aus der Eurozone. "Die Gefahr eines Graccident ist hoch, und wird mit jedem Tag ohne eine klare Strategie für Griechenland größer", sagte er am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

"Athen sitzt mit einem brennenden Feuerzeug auf dem Pulverfass", sagte Fratzscher. "Jede Fehlentscheidung kann in den kommenden Wochen die Lage in Griechenland zur Explosion bringen. Die Regierung hat jeglichen Vertrauensvorschuss verspielt."

Im Gegensatz zu einem "Graccident" hält Fratzscher die Gefahr eines "Grexit", also eines Ausstiegs oder Rauswurfs Griechenlands aus der Eurozone, für gering. "Denn niemand kann die griechische Regierung aus dem Euro zwingen, und für Griechenland wäre ein Grexit der sichere Weg in die wirtschaftliche und soziale Katastrophe."

Der DIW-Chef sagte außerdem, Athen müsse nun als allererstes das Vertrauen der Finanzmärkte und der europäischen Partner zurückgewinnen. "Die größte Gefahr ist, dass die Kapitalflucht der griechischen Bürger das Bankensystem und damit das Land in den Kollaps zwingen wird. Athen muss ein klares Signal senden, dass es den Reformprozess fortsetzen wird, und dass ein Schuldenschnitt und ein Grexit keine Optionen sind."

Das Kunstwort "Graccident" besteht aus Greece (Griechenland) und dem englischen Wort für "Unfall" (Accident) - wobei das Wort im Englischen auch für "Zufall" stehen kann. Gemeint ist ein eher versehentliches Schlittern in den Euro-Ausstieg, den eigentlich niemand will - der aber unvermeidbar ist, weil Athen das Geld ausgeht.

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