Flüchtlinge wollten Grenze stürmen

Am griechisch-mazedonischen Grenzübergang Idomeni wurde Tränengas eingesetzt.

Die Lage der Flüchtlinge in Griechenland wird immer dramatischer: Wie der deutsche Sender N24 berichtet, versuchten zahlreiche Menschen den Grenzzaun zwischen Griechenland und Mazedonien zu durchbrechen. Für kurze Zeit war das Tor am Grenzübergang Idomeni offen und Migranten versuchten auf mazedonisches Staatsgebiet zu gelangen. Die Grenzschützer setzten Tränengas ein, um die Menschen wieder nach Griechenland zurückzudrängen. Das ist ihnen auch gelungen, denn das Tor wurde kurz darauf wieder geschlossen.

Auslöser war nach Medienberichten ein Gerücht, wonach Mazedonien angeblich seine Grenze wieder für alle Migranten geöffnet habe. "Frei, frei, wir können rüber", schrie ein Flüchtling im griechischen Fernsehen. Griechische Grenzpolizisten sagten der Deutschen Presse-Agentur dpa, das Gerücht stimme nicht, die Grenze sei weiterhin geschlossen.

EU-Nothilfen für Griechenland

Unterdessen bereitet die EU-Kommission finanzielle Nothilfen für Griechenland vor. Eine Kommissionssprecherin sagte am Montag in Brüssel, die Bedarfsschätzung der EU-Kommission sei abgeschlossen und weitere Schritte würden so rasch wie möglich folgen. "Wir verwenden alle verfügbaren Instrumente."

Die EU-Kommission schaue sich im Moment gerade Hilfen zur Unterbringung für Personal, Finanzen und materielle Unterstützung an, sagte die Sprecherin weiter. Griechenland soll demnach vor allem beim Aufbau von Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge, beim Grenzschutzmanagement, bei der Umverteilung von Flüchtlingen auf andere EU-Staaten sowie bei Abschiebungen unterstützt werden.

Die Sprecherin schloss nicht aus, dass die EU-Kommission auch Mittel aus ihrer humanitären Hilfe (ECHO) für Griechenland heranzieht. Es gebe finanzielle Nothilfe und auch den zivilen Krisenschutzmechanismus der EU. Die EU-Kommission will in Kürze konkrete Vorschläge machen.

Um die stockende Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU voranzutreiben, habe die EU-Kommission an alle Staaten, die ihren Verpflichtungen noch nicht nachgekommen seien, Briefe verschickt, so die Sprecherin.

Übernachtungen im Freien

In der Hafenstadt Piräus kamen am Montagmorgen wieder gut 1.800 Migranten an. Dies teilte die Hafenverwaltung mit. Die Menschen hatten in den vergangenen Tagen aus der Türkei zu den griechischen Inseln der Ostägäis übergesetzt.

Im Zentrum Athens spielten sich indes chaotische Szenen ab: Am zentralen Viktoria-Platz verbrachten Hunderte Flüchtlinge - darunter auch Familien mit Kleinkindern - die Nacht im Freien, wie Augenzeugen berichteten. Der nördliche Nachbar Griechenlands, Mazedonien, gestattet seit inzwischen mehr als einer Woche täglich nur wenigen Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak die Weiterfahrt nach Mitteleuropa. 7.000 Migranten harrten aus diesem Grund in Zelten und unter Planen auf der griechischen Seite der Grenze aus. Es fehle an Nahrung und medizinischer Hilfe.

Tausende sind mit allen möglichen Verkehrsmitteln und auch zu Fuß gen Norden unterwegs in der Hoffnung, doch noch einen Weg zu finden, weiter nach Mitteleuropa zu kommen, berichteten griechische Medien. Die griechischen Auffanglager, mehrere Wartehallen in Piräus und die Hallen eines alten, geschlossenen Flughafens von Athen, sind überfüllt, wie das Staatsfernsehen berichtet.

Brandanschläge

Zudem hat es erstmals Brandanschläge mit vermutlich ausländerfeindlichem Hintergrund gegeben. Unbekannte zündeten am Wochenende zwei Lagerhallen in Nordgriechenland an, die zu Unterkünften für Flüchtlinge umgebaut werden sollten. Die ehemals vom griechischen Militär benutzten Hallen in der Kleinstadt Giannitsa seien fast vollständig zerstört worden, berichtete das griechische Fernsehen am Montag. Die Feuerwehr und der Bürgermeister der Kleinstadt, Grigoris Stamkos, machten Brandstifter verantwortlich.

In Giannitsa soll in zwei verlassenen Heeres-Kasernen ein Flüchtlings-Aufnahmelager für rund 4.000 Migranten entstehen. Der Ort liegt knapp 60 Kilometer südlich des Grenzübergangs zwischen Griechenland und Mazedonien. Dort harren Schätzungen der Polizei zufolge mehr als 6.500 Migranten aus. Mazedonien lässt nur wenige Menschen weiterfahren. Am Sonntag seien es lediglich 305 gewesen, teilte die griechische Polizei mit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte am Sonntagabend eindringlich davor, Griechenland fallen zu lassen. Mehr dazu hier.

Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) reist seit Sonntag durch den Maghreb. Aufgrund der geplanten Einstufung der drei Maghreb-Länder Marokko, Tunesien und Algerien als "sichere Herkunftsstaaten" will die deutsche Regierung die Zusammenarbeit mit ihnen bei der Abschiebung ihrer jeweiligen Staatsbürger verbessern. Die Pläne stoßen bei Menschenrechtlern auf Kritik.

ALGERIEN

In dem seit 17 Jahren von Präsident Abdelaziz Bouteflika regierten Land sind nach Angaben von Menschenrechtlern die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Friedliche Demonstranten, Aktivisten und Journalisten wurden laut dem Jahresbericht von Amnesty International inhaftiert und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Gerichte verhängten die Todesstrafe etwa für Mord, sie wurde 2015 jedoch nicht angewandt.

Seit kurzem sind Gewalt in der Ehe und sexuelle Belästigung von Frauen in der Öffentlichkeit strafbar. Doch können laut Amnesty Männer, die eine Minderjährige vergewaltigt haben, nach wie vor straffrei bleiben, wenn sie diese heiraten.

Ein Paket von Verfassungsänderungen beschränkt die Zahl der Präsidentschaftsmandate auf zwei und erkennt die Presse- und Versammlungsfreiheit ebenso wie die Sprache der Berberminderheit, Tamazight, an. Kritiker sprechen allerdings von kosmetischen Reformen, mit denen der große Einfluss der Eliten in Armee und Politik kaum beschnitten werde.

MAROKKO

Die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheiten sind auch hier eingeschränkt. Regierungskritiker und Menschenrechtler wurden festgenommen und unter anderem wegen "Gefährdung der inneren Sicherheit" strafrechtlich verfolgt. Unterstützer sprechen von einer "systematischen Medienkampagne" des Staates gegen Aktivisten. Die Bewegung des 20. Februar, so benannt nach dem ersten Tag der Massenproteste für mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit 2011, klagt über "Repressionen".

Gefangene und Untersuchungshäftlinge wurden nach eigenen Angaben gefoltert oder misshandelt. Auch friedliche Proteste wurden in dem Königreich teils gewaltsam aufgelöst, wie es in dem Amnesty-Jahresbericht heißt. Journalisten kamen unter anderem wegen des Vorwurfs der "falschen Berichterstattung" ins Gefängnis.

Frauen sind laut Amnesty nur unzureichend vor sexueller Gewalt geschützt. Homosexuelle können zu bis zu drei Jahren Haft verurteilt werden. Die Todesstrafe wurde verhängt, aber nicht vollstreckt.

TUNESIEN

Das Ursprungsland des Arabischen Frühlings gilt in mancher Hinsicht als Vorbild in der Region für eine Entwicklung hin zu mehr Demokratie - das sogenannte Dialog-Quartett erhielt im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis. Doch führten regionale und soziale Ungleichheiten, Armut und Arbeitslosigkeit Anfang des Jahres zu den größten Protesten seit der Revolution von 2011.

Die in der Verfassung von 2014 garantierten "fundamentalen Freiheiten", die Gleichheit vor dem Gesetz oder der Kampf gegen die Korruption sind politischen Aktivisten zufolge bis heute nicht umgesetzt worden. Vor allem die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit sind eingeschränkt.

Medien unterliegen laut Amnesty der Zensur. Mehrere Demonstrationen wurden 2015 dem Jahresbericht zufolge mit "exzessiver Gewalt" aufgelöst. Das neue Antiterrorgesetz wird von Menschenrechtlern kritisiert, weil es das Risiko von Folter und Misshandlungen durch Sicherheitskräfte erhöhe. Festgenommene Verdächtige berichteten von Foltermethoden wie "Waterboarding".

Als Fortschritt betrachtet dagegen Human Rights Watch eine Justizreform, die unter anderem Verdächtigen in Gewahrsam das Recht auf einen Anwalt zugesteht.

Frauen werden laut Amnesty nur unzureichend gegen sexuelle Gewalt geschützt. Wie in Algerien können Männer, die Minderjährige vergewaltigen, einer Strafe entgehen, wenn sie ihr Opfer heiraten. Homosexuelle, aber auch Bisexuelle und Transgender werden diskriminiert. Gleichgeschlechtliche Beziehungen können mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Todesurteile wurden 2015 nach Angaben von Amnesty nicht vollstreckt.

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