Streit über die Spielregeln, nicht über Inhalte

Streit über die Spielregeln, nicht über Inhalte
Wieso bei den Schuldengesprächen mit Athen wieder wochenlang nichts weitergegangen ist.

Angesichts der angespannten Finanzlage in Athen wäre es schlimm genug, würde die griechische Regierung mit den Geldgebern der Eurozone Tage und Wochen über Reformen und Sparmaßnahmen streiten. Tatsächlich ist es noch schlimmer: Man streitet noch nicht einmal. Jedenfalls nicht inhaltlich – sondern maximal darüber, in welcher Form und Besetzung man überhaupt streiten will.

Wie kann es sein, dass trotz drohender Staatspleite bis zum Start der Gespräche auf Experten-Ebene heute, Mittwoch, in Brüssel Tage und Wochen vergingen ohne nennenswerte Fortschritte, offenbar sogar ohne eine echte Chance darauf?

Hört man Finanzministern aus der Eurozone zu und spricht man mit Brüsseler Spitzenbeamten, dann drängt sich ein Eindruck auf: Dass es trotz vieler Eurogruppen- und Krisen-Sitzungen, trotz EU-Gipfel und Zweier-Gesprächen mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras und seinem Finanzminister Yanis Varoufakis nicht gelungen ist, grundlegende Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, sich quasi auf Spielregeln zu einigen.

Symptomatisch ist, wie Athen seit Wochen versucht, die Schuldengespräche auf eine politische(re) Ebene zu ziehen, anstatt die "technischen" Gespräche mit den Troika-Institutionen aufzunehmen: Varoufakis hält lange Vorträge in der Eurogruppe, Tsipras sucht den Kontakt zu Kommissionschef Juncker. Die Eurozone will hingegen vor allem eines: Zahlen sehen. Bezeichnend die Sitzung vom Montag: Wieder einmal kam Varoufakis ohne Details zu Reformen, ohne Zahlen über Athens Liquidität. Die Reaktion der Ministerkollegen fiel harsch aus: Es gebe nichts zu besprechen – und überhaupt seien jetzt die Experten der Troika-Institutionen am Zug.

Die Debatte über deren Rolle verdeutlicht, wie tief die Gräben sind: Athen soll darauf bestehen, die Gespräche in Brüssel zu führen. "Wir werden nicht mehr sehen, dass eine Clique von Technokraten im Gleichschritt in unsere Ministerien marschiert, um Reformen zu verordnen", sagte Varoufakis Montagabend. "Die Troika ist Geschichte." Sein deutscher Kollege Wolfgang Schäuble kam Stunden später zu einem ganz anderen Schluss: "Da werden seine Vorstellungen korrigiert werden", richtete Schäuble Varoufakis aus. Griechenland werde mit den Institutionen reden müssen – und zwar (auch) in Athen, das sei nicht anders möglich. "Das haben wir so verabredet", sagte Schäuble. Ob es auch jeder verstanden hat, lasse ich dahingestellt."

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