Griechenland: Polit-System contra Reformeifer

Griechenland: Polit-System contra Reformeifer
Im pleitebedrohten Land wären tief greifende Struktur­reformen bitter nötig. Angehen will sie aber keiner.

Der EU-Gipfel in der Vorwoche war so etwas wie ein kleiner Sieg für Griechenland. Die Spar- und Reformanstrengungen des Landes wurden ausdrücklich gelobt. Die Euroländer sind durchaus gewillt, weitere Hilfsgelder nach Athen zu überweisen. Zuerst muss aber noch der Bericht der Troika aus EU-Kommission, EZB und Währungsfonds abgewartet werden. Zudem muss sich das Land weiter ranhalten. "Wir erwarten, dass Griechenland seine haushalts- und strukturpolitischen Reformen fortsetzt", heißt es in einer Gipfel-Erklärung.

Gerade bei Strukturreformen spießt es sich allerdings gewaltig. "Das Grundbuch ist ein charakteristisches Beispiel dafür", erzählt Dimitrios Droutsas, von 2010 bis 2011 griechischer Außenminister und jetzt Europaparlamentarier. Geld wäre zwar zur Verfügung gestellt worden, "das System" habe den Aufbau eines Grundbuchs aber gebremst. Das Motto dabei: "Hast du ein Grundbuch, kannst du Steuerhinterziehung viel besser aufdecken", so Droutsas bei einer vom Renner-Institut veranstalteten Diskussion.

Andere Priorität

Der Sozialist (PASOK) fordert die EU auf, beim Blick auf Griechenland die Priorität zu ändern: "Sparen ja, aber was bitter nötig ist, sind tief greifende Strukturreformen, da muss die EU stärker darauf pochen." Das politische System in seiner Heimat wehre sich "leider noch immer mit Händen und Füßen gegen Reformen".

"Keiner wird für Vergehen verfolgt, keiner wird zur Rechenschaft gezogen." Diese Mentalität, die von der politischen Führung vorgegeben wurde, herrsche in der Bevölkerung schon lange vor. "Klientelismus in extremster Form", nennt Droutsas das. "Und ja, die PASOK ist mitverantwortlich für diese Mentalität", gesteht er ein. Sein Nachsatz: "Wenn wir etwas ändern wollen, müssen wir einsehen und offen aussprechen, was bei uns falsch läuft, wie etwa Korruption oder Steuerhinterziehung."

"Wenn die Griechen auf die Solidarität der Europäer zählen, sollten sie auch im eigenen Land Solidarität viel stärker einfordern, auch jene der Politiker", war bei der Diskussion aus dem Publikum zu hören. Ein Marshall-Plan für die Schaffung neuer Jobs in Griechenland wäre gut. Dann müssten die Griechen aber auch Steuern zahlen und dafür sorgen, dass das ins Ausland geflüchtete Kapital zurückgeholt werde.

Kommentare