Athen: Grundsatz-Einigung auf neues Hilfsprogramm

Tsipras, Juncker: bei aller Freundlichkeit ein Feilschen um Polit-Deal
Es geht um 85 Milliarden Euro ."Ein, zwei Details" sind aber noch offen.

Das neue, dritte Hilfspaket für Griechenland ist auf einem guten Weg: Die EU-Kommission bestätigte am Dienstag, dass es eine Grundsatzeinigung auf "technischer Ebene" gibt. Das heißt: Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Geldgeber-Institutionen (Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds, Kommission) und den griechischen Behörden sind – etwas früher als geplant – abgeschlossen, man hat sich auf einen Fahrplan für Reformen und Sparmaßnahmen geeinigt. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte, es gebe nur "noch ein, zwei Details", die zu klären seien.

In trockenen Tüchern ist das neue Programm damit aber noch nicht.

Zum einen fehlt noch eine politische Einigung, wie es Dienstagnachmittag in Brüssel hieß: Die Regierungen der Euro-Staaten müssen den Deal absegnen, die Finanzminister im Rahmen der Eurogruppe formal zustimmen. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist – wieder einmal – als Vermittler unterwegs: Juncker wollte Dienstagabend mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande telefonieren. Bereits am Montag hatte Juncker mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble Gespräche geführt.

Skepsis in der Eurozone

Mehrere Länder, darunter Finnland, sollen, so heißt es in Diplomatenkreisen, der vorläufigen Einigung skeptisch gegenüber stehen. "Wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen. Einigung ist ein großes Wort", sagte der finnische Finanzminister Alexander Stubb am Dienstag. Finnland ist seit der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen "Wahren Finnen" sehr kritisch gegenüber neuen Hilfsgeldern für Griechenland und hat zuletzt angedroht, das neue Paket nicht mitzutragen.

In den nächsten Tagen dürfte daher noch an manchen Details der Vereinbarung gearbeitet werden. Dienstagnachmittag gab es eine Telefonkonferenz der Euro-Staaten auf Beamten-Ebene. Schon am Freitag könnte die Eurogruppe tagen. Gibt es kein grünes Licht für das neue Paket, könnte es eine neuerliche Brückenfinanzierung für wenige Wochen geben, um Athen vor der Pleite zu bewahren.

Viele Bedingungen

Das dritte Hilfsprogramm soll den Griechen über drei Jahre rund 85 Milliarden Euro bringen. Im Gegenzug muss die Regierung weitere Reformen und Einsparungen umsetzen: Unter anderem sollen Frühpensionierungen stufenweise abgeschafft, die Steuer für Reeder erhöht und Steuerzuckerl für Bauern gestrichen werden.

Bei den Budgetzielen dürfte man in den Verhandlungen berücksichtigt haben, dass sich in den vergangenen Wochen durch die Schließung der Banken und die Unsicherheit über weitere Hilfsgelder die wirtschaftliche Lage noch einmal verschlechtert hat: Deshalb wird laut Verhandlern von Athen heuer nur ein Primärdefizit von 0,25 Prozent des BIP erwartet. Noch im Juni war ein Primärüberschuss von einem Prozent diskutiert worden. Nun soll Athen 2016 einen Primärüberschuss von 0,5 Prozent erreichen, in den Folgejahren 1,75 und 3,5 Prozent.

Syriza droht Spaltung

Auf Premier Tsipras kommen angesichts der langen Liste an Bedingungen stürmische Zeiten zu. Schon in den kommenden Tagen – das Parlament in Athen soll am Donnerstag über das neue Hilfsprogramm abstimmen – muss er eine Kraftprobe in den eigenen Reihen überstehen. Der linke Flügel des Syriza-Bündnisses, der im Parlament rund ein Viertel der 149 Abgeordneten der Partei stellt, lehnt neue Sparmaßnahmen strikt ab – und droht Tsipras offen damit, die Gefolgschaft zu verweigern. Schon in den letzten Abstimmungen, als es galt, Vorbedingungen der Gläubiger für das neue Hilfsprogramm zu erfüllen, konnte Tsipras nur mithilfe der Opposition eine Mehrheit erreichen.

Neuwahlen im Herbst scheinen nicht ausgeschlossen; vor allem für den Fall, dass Tsipras auf dem für Mitte September geplanten Syriza-Parteitag den Richtungsstreit mit dem linken Lager nicht ausräumen kann.

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