Greta Thunberg: Die Selbstdemontage der Klima-Ikone
Ist Greta Thunbergs Solidarität mit den Palästinensern naiv – oder sogar antisemitisch? Kontraproduktiv für die eigene Sache sind ihre Aussagen jedenfalls, denn die Klimabewegung spaltet sich gerade.
Vor vier Jahren, da nannte sie das Time Magazine noch „Ikone einer Generation“. Für die Zeitschrift war Greta Thunberg damals „Person des Jahres“, und die Welt sah teils ungläubig zu, was eine sture Jugendliche so alles in Bewegung setzen konnte. „Wir können nicht leben, als gäbe es kein Morgen“, sagte die Schwedin damals. „Das ist alles, was wir sagen.“
Jetzt, seit Greta Thunberg etwas mehr als nur das sagt, seit sie sich offen mit Palästinenserschal zeigt und auf Klima-Demos wie jener am Sonntag in Amsterdam sogar jenen das Mikro gibt, die „Völkermord“ durch Juden anprangern und tote Babys in Auschwitz und Gaza gegeneinander aufwiegen, sind Attribute und Reaktionen andere. „Persona non Greta“ nennt sie die linke taz, „granatenmäßig dumm“ und eine „hauptberufliche Israelhasserin“ der deutsche Grüne Volker Beck – beide waren einst Verbündete im Kampf gegen die Erderhitzung.
Doch nicht nur von außen, auch intern schlägt ihr Gegenwind entgegen. Fridays for Future – die Bewegung, die es ohne sie nie gegeben hätte, – zerstreitet sich über die Frage: Darf Greta ihre Macht nutzen, um andere – umstrittene – politische Ziele zu propagieren?
Viele finden: ja. Bei der Demo in Amsterdam applaudierte das Publikum, als sie sagte, „auf besetztem Land“ gebe es keine Klimagerechtigkeit, und in linken Kreisen in den USA wird die Vermischung beider Themen ohnehin als legitim angesehen. Auch im globalen Süden, wo der Klimawandel deutlicher spürbar ist als hierzulande, wird Israels Vorgehen deutlich kritischer gesehen als im Westen.
In Österreich und Deutschland, wo man gegenüber Israel besonders verantwortungsvolle historische Bande hat, ist die Reaktion eine andere. „Wir sollten uns als Klimabewegung nicht anmaßen, uns ins Zentrum von jeglichen globalen Konflikten zu stellen“, sagte FFF-Österreich-Sprecher Daniel Shams zum KURIER. Man trage eine "historische Verantwortung" und habe "deutliche Kritik" an Thunbergs Handlungen geübt. In Deutschland ging man einen Schritt weiter: Dort setzte man „die Prozesse mit der internationalen Vernetzung“ aus – man brach offen mit Thunberg.
Dass es einmal soweit kommen würde, war absehbar. Schon seit 2021 gab es zwischen den Deutschen und der internationalen Gruppierung öffentlich ausgetragene Zerwürfnisse; der internationale Instagram-Kanal hatte da etwas über den „Siedler-Kolonialismus und Imperialismus“ Israels gepostet. Jetzt hat sich die Rhetorik noch verschärft, da ist von „Apartheid“, „Genozid“ und „Gehirnwäsche durch die Medien im Westen“ die Rede. Auch der Spruch „From the river to the sea“, der Israel das Existenzrecht abspricht, wird freimütig verwendet.
Ob das nur „naiv“ ist, wie der Präsident des Zentralrats der Juden Deutschlands höflich formulierte, darf man bezweifeln. Zumindest manche Mitglieder der internationalen Gruppe dürften eine antisemitische Agenda haben, legen Einblicke der Jüdischen Allgemeinen in interne Chats nahe. „Yallah Intifada!“ – ein Aufruf zur Zerstörung Israels – war dort regelmäßig zu lesen.
Ob die Distanzierungen der Österreicher und Deutschen ausreichen, um die Bewegung am Leben zu halten, muss sich zeigen. Greta Thunberg, das Zugpferd der „Fridays“, hat ihre Bewegung gespalten, wenn nicht gar dem Untergang geweiht. Ihre Selbstdemontage verschafft nämlich jenen Aufwind, die in ihr schon immer die Personifizierung des Bösen sahen. Und das wiederum vernebelt das wichtige, richtige Anliegen der Bewegung: Dass der Klimawandel den Nahostkonflikt wohl überdauern wird.
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