Google will Behörden in Hongkong keine Daten mehr aushändigen

Der Medienmogul Jimmy Lai (Mitte), unter anderem im Besitz der prodemokratischen Zeitung Apple Daily, wurde wegen "Gefährdung der Staatsgewalt" in Hongkong verhaftet. Er wird wahrscheinlich an China ausgeliefert werden.
Nach dem Inkrafttreten des neuen Sicherheitsgesetzes, das Hongkong de facto unter chinesische Kontrolle bringt, entsagt der Online-Gigant die Zusammenarbeit.

Der US-Riesenkonzern Google wird den Hongkonger Behörden auf Anfragen keine Daten mehr aushändigen. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf einen Insider. Die Sonderverwaltungszone mit der gleichnamigen Wirtschaftsmetropole soll somit künftig genauso behandelt werden wie Festland-China.

Grund dafür ist das neue, hoch umstrittene Sicherheitsgesetz, das die chinesische Regierung Anfang Juli erlassen hat. Es gestattet Hongkong die Auslieferung von Straftätern an China, richtet sich dabei aber vor allem gegen Kritiker des Regimes in Peking. So wurden vergangene Woche etwa der liberale Medienmogul Jimmy Lai oder die erst 24-jährige prodemokratische Aktivistin Agnes Chow verhaftet. Auch prowestliche Oppositionelle leben in Angst, denn bei einer Auslieferung drohen in China juristische Willkür und lange Haftstrafen.

Google will Behörden in Hongkong keine Daten mehr aushändigen

Die bekannte prodemokratische Aktivistin Agnes Chow (24) bei ihrer Verhaftung am 10. August. Ihr wird "Anstiftung zur Spaltung der Gesellschaft" vorgeworfen. Auch ihr droht eine Auslieferung an das chinesische Festland - und dort wohl eine lange Haftstrafe.

Als Reaktion auf die Welle an Festnahmen hat Google der Hongkonger Polizei am Donnerstag mitgeteilt, nicht mehr auf direkte Anfragen reagieren zu wollen. Stattdessen sollen die Behörden den diplomatischen Weg suchen, sich also direkt an das US-Amerikanische Justizministerium wenden, das die Anfrage dann weiterleiten könne. Dieser Prozess würde wohl jedes Mal mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Warum die Polizei Google braucht

Google spielt weltweit eine große Rolle bei der polizeilichen Aufarbeitung von Großveranstaltungen wie Demonstrationen. Viele Smartphone-User haben nämlich die Ortungsdienste ihres Handys aktiviert und senden so über Apps wie den gängigen Navigationsdienst Google Maps ständig Bewegungsdaten an das US-Unternehmen. Diese Daten können auf Nachfrage ausgelesen und an Polizeibehörden übermittelt werden, vor allem wenn sie bei der Klärung von Straftaten dienlich sind. Auch wenn einige solcher Anfragen abgelehnt werden, hat Google mit den meisten Staaten eine entsprechende Übereinkunft - aber nicht mit China.

Die Absage an die Hongkonger Polizei könnte aber durchaus noch ein Nachspiel haben. Denn wer Personen, die im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben (und dazu zählt mitunter schon öffentlich geäußerte Kritik an der Regierung) schützt oder die Kooperation mit chinesischen Behörden im Zuge der Strafverfolgung verweigert, kann durch das neue Sicherheitsgesetz ebenfalls festgenommen und sogar ausgeliefert werden. Google hat eine Niederlassung in Hongkong - die dortigen Mitarbeiter sind also durchaus gefährdet.

In ganz China, abgesehen von den beiden Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau, sind übrigens sämtliche Webseiten und Apps von Google nicht zugänglich. Dazu gehören Youtube, Google Maps oder Gmail. Im Reich der Mitte gibt es für so ziemlich jede große westliche Webseite eine heimische Alternative, die mehr oder weniger unter Kontrolle der Regierung steht.

Trotz dieser Sperre waren die Beziehung zwischen dem Riesenkonzern und China bisher nicht allzu frostig, Google unterhält zum Beispiel ein Forschungszentrum für künstliche Intelligenz in Shanghai, muss sich dafür allerdings regelmäßig Kritik von republikanischen US-Politikern anhören.

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