Glücklose Suche nach Attentäter von Istanbul
Noch immer suchen türkische Spezialeinsatzkräfte und Behörden nach dem Attentäter, der in der Silvesternacht im Istanbuler Nobelclub Reina ein Massaker anrichtete. 39 Menschen starben im Kugelhagel, 69 weitere sind verletzt. Am Dienstag veröffentlichten türkische Medien ein Video des mutmaßlichen Attentäters, in dem er, sich selbst filmend, seelenruhig in der Nähe des zentralen Istanbuler Taksim-Platzes spaziert. Es ist unklar, ob der Mann das Video vor oder nach der Tat aufgenommen hat, das Gesicht des Verdächtigen ähnelt aber dem des Täters, der von einer Überwachungskamera gefilmt wurde.
Kurz nach dem Video kursierte das Bild eines Passes eines kirgisischen Staatsbürgers in sozialen Netzwerken. Woher das Foto stammt, ist unklar. Der Kirgise galt als Verdächtiger, die türkische Polizei nahm seine Frau und seine kleinen Kinder in einer Wohnung in Ostanatolien fest. Erst Stunden später meldeten Behörden aus Kirgistan der BBC, dass der Verdächtige nicht der Täter sei – sowohl kirgisische, als auch türkische Beamte hätten ihn bereits vernommen.
Nach dem Anschlag in Berlin vor gut zwei Wochen scheint es das zweite Mal zu sein, dass ein Unschuldiger ins Visier der Behörden gerät. Für die türkischen Ermittler bedeutet dies "Alles auf Anfang".
Für IS gekämpft?
Sicherheitsexperten sind sich jedenfalls einig, dass sich der Täter wie jemand verhielt, der spezielle Kampferfahrung hat. Die Waffenführung, die Kaltblütigkeit und das genaue Ziel seien Indizien dafür. Die meisten Opfer tötete er per Kopfschuss. Wie die Zeitung Hürriyet berichtete, war er zuvor für die Terrormiliz " Islamischer Staat" (IS) in Syrien tätig.
Die Bekennernachricht des IS zum Anschlag deutet ebenfalls darauf hin: "Ein Held des Kalifats hat einen der berühmtesten Clubs angegriffen, wo Christen ihr heidnisches Fest feiern", jubelten die Islamisten.
Nicht nur der IS jubelt, sondern auch türkische Bürger, die via Twitter ihre Schadenfreude zur Schau stellten. Die Opfer hätten es nicht anders verdient, da Neujahrsfeiern unislamisch seien – die türkischen Behörden ermitteln nun gegen 347 Twitter-Profile, da diese "Feindschaft in der Nation säen", sagte der türkische Vize-Ministerpräsident.
Mittlerweile haben türkische Sicherheitskräfte 16 Verdächtige festgenommen, die im Verdacht stehen, an dem Attentat von Samstag beteiligt zu sein. Bereits vor Silvester hatte die Polizei 63 potenzielle IS-Kämpfer festgenomme, seit Samstag ist die Zahl auf 147 gestiegen.
Verlängerter Notstand?
Die türkische Regierung will den nach dem Putschversuch verhängten Ausnahmezustand nun erneut verlängern. Noch diese Woche soll das Parlament über weitere drei Monate abstimmen, kündigte Ministerpräsident Binali Yildirim am Dienstag in Ankara an.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte den Notstand kurz nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 verhängt. Nach der ersten Verlängerung um drei Monate im Oktober wäre er in der Nacht zum 19. Januar ausgelaufen. Erdoğan macht die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen – die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft ist – für den Putschversuch verantwortlich. Nach den Worten Erdoğans ermöglicht der Notstand eine effektivere Bekämpfung des Terrorismus. Durch die Verlängerung der Sonderrechte sichert sich der Staatschef die Macht, die er dann im Frühling durch ein Referendum über eine Verfassungsänderung auf Dauer gesichert haben will.
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