"Gezielte Militärschläge" im Irak, aber „keine US-Truppen am Boden"

Irakische Elitesoldaten im Kampf gegen die radikal-islamistischen Milizen der ISIS in der Stadt Ramadi: Die ISIS ist bereits bis auf 100 Kilometer an Bagdad herangerückt.
US-Präsident nur bedingt bereit, Irak militärisch zu Hilfe zu kommen. ISIS rückt indes auch in Syrien weiter vor.

Dem Oberbefehlshaber der mächtigsten Armee der Welt war das Missfallen deutlich anzusehen, als er Donnerstag Abend nach langem Zögern verkündete, worum die irakische Führung dringend gebeten hatte: Die USA würden dem bedrängten Irak helfen, versprach Obama.

Doch die Hilfe gleicht eher einer Notoperation denn einem umfassenden Militäreinsatz. Zusätzlich zu den soeben entsandten knapp 300 US-Soldaten, die die riesige US-Botschaft in Bagdad sichern sollen, werden weitere 300 Militärberater in den Irak beordert. Die Elitesoldaten der Green Berets, Navy Seals und Army Rangers werden nicht direkt in die Kämpfe gegen die rasch vorrückenden radikalislamischen Milizen der ISIS eingreifen. Vielmehr sollen sie die irakischen Truppen auf Gegenangriffe vorbereiten, Ziele für mögliche Luftangriffe auskundschaften und Informationen über die Gefechtslage sammeln. „Wir sind bereit, gezielte und präzise militärische Schritte zu unternehmen“, sagte Obama.

Was er hingegen nicht ankündigte: Luftschläge gegen die Aufständischen. Diese seien nur eine mögliche Option, die man sich in Reserve halte. Den Falken in den Reihen der Republikaner geht dies nicht weit genug. Sofortige Luftschläge seien unumgänglich, wenn man den ISIS- Siegeszug stoppen wolle.

„Keine Rückkehr“

"Gezielte Militärschläge" im Irak, aber „keine US-Truppen am Boden"
U.S. President Barack Obama speaks about the situation in Iraq in the briefing room of the White House in Washington June 19, 2014. Obama said on Thursday the United States would send up to 300 military advisers to support Iraqi forces confronting an al Qaeda-splinter group attacking the country and was prepared to take targeted military action if necessary. REUTERS/Kevin Lamarque (UNITED STATES - Tags: POLITICS HEADSHOT)
Unmissverständlich aber stellte Obama klar: „US-Truppen werden nicht in den Irak zurückkehren.“ Für einen Bodeneinsatz wären Tausende Soldaten notwendig – ein Szenario, das die US-Führung ausschließt. Zweieinhalb Jahre, nachdem der letzte US-Soldat abgezogen wurde, will Washington nicht neuerlich in einen Krieg im Irak hineinschlittern. Die ISIS ist mittlerweile bis auf 100 Kilometer an Bagdad herangerückt. Rund um Samarra sammelt die irakische Armee 50.000 Soldaten für einen Gegenangriff. Vom schiitisch dominierten Süden des Landes aus strömen Hunderttausende junge Männer zu Milizen, um sich dem Kampf gegen die sunnitische ISIS anzuschließen.

Mitten drin und oft ohne jede Möglichkeit zur Versorgung: bis zu 800.000 Flüchtlinge. Zu den meisten von ihnen haben die Hilfsorganisationen wegen der Kämpfe keinen Zugang.

Vormarsch in Syrien

Auch in Syrien feiert die ISIS große Erfolge. Laut der syrischen Opposition eroberte die Miliz im Grenzgebiet zum Irak drei wichtige Städte und könnte von ihnen aus den Militärflughafen von Deir al-Zor angreifen. Gestern gab es in der umkämpften, ölreichen Provinz demnach nur noch eine größere Stadt, die nicht unter ISIS-Kontrolle war.

Einige Zehntausend Mitglieder hat die ISIS ( Islamischer Staat im Irak und Syrien) bereits. Sie stammen vor allem aus Nahost, aber auch aus dem Westen, wo die Terrorgruppe aktiv rekrutiert. Erst am Montag wurde in Spanien eine Terrorzelle zerschlagen, die Kämpfer angeworben haben soll. Gestern veröffentlichte der islamistische Propagandakanal Al-Hayat Media Center ein Video der ISIS, in dem diese für den Dschihad wirbt. Zu sehen sind unter anderem britische und australische Kämpfer. Allah habe die ISIS auserwählt, sagt einer davon. Ein anderer berichtet, dass er depressiv geworden sei, als er noch „im Westen“ gelebt habe. Nur der Dschihad könne das „heilen“: „Kommt zu uns und fühlt dieses Glück.“

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