Diese Männerfreundschaft, bei diesem Wort muss Schröder lachen. „Ein besonderes Verhältnis“ habe er zum russischen Präsidenten, „und das soll auch so bleiben“, sagt er. Seine Frau, die fünfte, lächelt derweil höflich in die Kamera.
Schröder, in armen Verhältnissen aufgewachsen, sah sich immer als Kämpfer gegen die Niederträchtigen. Als Juso-Chef stritt er so leidenschaftlich wie als Kanzler – und das meist zum Leidwesen seiner Partei. Als er Hartz IV durchdrückte, das Arbeitslosengeld auf ein Minimum strich, gingen Hunderttausende auf die Straße, die SPD-nahen Gewerkschaften rebellierten. „Es ist notwendig und wir werden es machen, basta!“, sagte er nur. Als ihn Angela Merkel 2005 den Wahlsieg kostete, stellte er sich breitbeinig ins Fernsehen und sagte: „Sie wird keine Koalition mit meiner Partei zustande kriegen. Ich bleibe Bundeskanzler.“ Wenige Wochen später wählte seine SPD sie zur Kanzlerin, sie war neun Jahre länger im Amt als er.
„Ich hab viele Ungerechtigkeiten aushalten müssen“, sagt er heute, es klingt ein wenig wehleidig. Selbstkritik? Die gibt es nicht im Gerd-Universium, in dem er nach wie vor die Welt bereist, immer mit Frau Kim So-yeon. Meistens laden ihn Wirtschaftstreibende ein, chinesische etwa, das ist auch in der Doku zu sehen. Er lebt vom Nimbus seiner einstigen Größe, und zahlen lässt er sich von Firmen, die schon lange als unantastbar gelten: Den Posten als Chef des Aktionärsausschusses der von der Gazprom dominierten Nord Stream AG hat er nach wie vor nicht zurückgelegt, Kritik hin oder her. „Ich bin kein Bereuer. Mea culpa ist nicht mein Satz“, sagt er dazu.
Ohnehin scheint Schröder ein anderes Politikverständnis zu haben, vielleicht eines, das in seiner Amtszeit opportun war. Damals saß er mit Putin in der Sauna, adoptierte mit seiner damaligen Frau Doris russische Waisenkinder; ein paar Wochen nach der Krim-Annexion ließ er sich von Putin in St. Petersburg zu seinem 70er feiern. Auch heute sieht er wenig Problematisches am Kremlchef: „Es gibt in Russland freie Wahlen, das kann man nicht bestreiten“, sagt er. Und eine Opposition? Naja, die gebe es nicht. Aber richtig verboten sei sie auch nicht.
Schröder ist die Achillesferse der SPD, und los wird sie ihn nicht. Das jüngste Ausschlussverfahren hat er erfolgreich überstanden; aus dem Abseits sagt er zwar, dass er keine aktuelle Politik kommentieren wolle. Wird er aber gefragt, tut er es doch, ganz selbstlos: „Was mich wirklich traurig macht, ist die Provinzialität der gegenwärtigen Führungsfiguren“, kommt da dann etwa daher. Oder, an seinen Nachfolger Olaf Scholz gerichtet: „Das ist doch nicht die SPD. Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten.“
Aus der Partei wird ihm darum kaum einer offiziell gratulieren. Was das mit ihm macht? Wenig, sagt er lächelnd. Das seien „armselige Leute“, Generalsekretär Kühnert schlicht ein „Wicht“. Sie alle würden ihn nicht verstehen, so die Botschaft. „Ich bin manchmal ein bisschen anders als andere.“ Evelyn Peternel
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