Gefangenenaustausch: US-Basketballerin gegen "Händler des Todes"
Neun Jahre Lagerhaft in Russland: Dieses harte Urteil hörte die 31-jährige amerikanischen Basketballerin Brittney Griner zu ihrem Entsetzen am Donnerstagabend vor einem Gericht in Moskau. Ihr Vergehen: Die zwei Meter große Athletin, die als eine der besten Basketballerinnen der Welt gilt, hatte bei einer Gepäckkontrolle im Flughafen Scheremetjewo sogenannte Vape-Kartuschen und Haschisch-Öl bei sich. Es soll sich um 0,5 Gramm gehandelt haben. In den USA wäre dies legal. Doch die russischen Behörden werteten das als illegalen Drogenbesitz und versuchten Schmuggel. Griner hat sich schuldig bekannt. In den USA tobten dagegen Wogen der Empörung: Die Sportlerin sei quasi als eine Art Faustpfand gefangen genommen worden
Dennoch könnte die seit Februar in Untersuchungshaft sitzende Griner bald freikommen - im Zuge eines amerikanisch-russischen Gefangenenaustausches. Seit Wochen laufen die geheimen Gespräche zwischen Moskau und Washington. Überraschend ist dabei, wen Russland zurück in die Heimat holen will:
"Lord of war"
Victor Bout, einen der berüchtigtsten Waffenhändler der Welt. Als derart skrupellos und infam gilt der zu 25 Jahren Haft in den USA verurteilte Russe, dass es sogar einen Hollywood-Film über ihn gibt. In "Lord of War", zu Deutsch "Händler des Todes", spielt US-Superstar Nicolas Cage den Geschäftsmann Yuri Orolov - der wiederum Victor Bout nachempfunden ist. Bisher hatte das offizielle Russland jedwede Verbindung zu Bout zurückgewiesen, jetzt könnte er schon bald nach Moskau geflogen werden.
"Sie waren ein weltbekannter Waffenhändler, der die schlimmsten Regime der Welt versorgt hat", sagte 2012 beim Prozess Richterin Shira Scheindlin bei der Urteilsbegründung. Die blutigen Konflikte im Kongo, in Ruanda, Sierra Leone, Angola und anderen Ländern habe er mit Waffen versorgt, dank seiner Kontakte, die der frühere Sowjetoffizier in seiner Dienstzeit in Afrika hatte.
Allerdings sei der Fall Bout anders als sonst Terrorprozesse gewesen, sagte die Richterin: "Es ging Herrn Bout nicht primär darum, Menschen zu töten. Es ging ihm ums Geld. Die Menschen waren ihm einfach egal. Er war skrupellos."
Bout hatte sich Anfang der 2010er-Jahre eigentlich schon zur Ruhe gesetzt. Ein Multimillionendeal lockte ihn aber noch einmal aus seiner Villa in der Nähe von Moskau. Seine Kunden, angebliche kolumbianische Rebellen, waren allerdings amerikanische Bundesagenten. Die Falle schnappte zu.
Was Moskau stets als Voraussetzung für den Gefangenenaustausch festgelegt hatte: Ein abgeschlossener Prozess gegen Brittney Griner. Die Amerikanerin spielte seit 2015 beim russischen Spitzenclub UMMC Jekaterinburg im Ural und gewann mit ihm viermal die Euroleague. Sie gilt als eine der besten Basketballerinnen in der amerikanischen Frauen-Profiliga WNBA. Mit den Phoenix Mercury gewann sie 2014 die Meisterschaft, mit der US-Nationalmannschaft holte sie außer zwei Olympiasiegen auch zweimal Gold bei Weltmeisterschaften.
Weil die Saison in der Frauen-Profiliga WNBA nur wenige Monate im Jahr dauert und dort wesentlich weniger Geld verdient werden kann als bei den Männern in der NBA, suchen viele starke Spielerinnen oft zusätzlich lukrative Engagements. Vor allem Europa und Asien sind beliebt, um mehr Geld zu verdienen und sich beweisen zu können.
Neben Griner geht es bei dem bevorstehenden Gefangenenaustausch auch um den US-Staatsbürger Paul Wheelan. Er wurde 2018 in Russland verhaftet und wegen angeblicher Spionage zu einer langen Haftstrafe verurteilt.
"Tiergartenmord" in Berlin
Moskau will deshalb ebenfalls eine zweite Person freibekommen. Es handelt sich dabei um einen 56-jährigen, in Deutschland verurteilten Russen. Er gilt als verantwortlich für den sogenannten "Tiergartenmord". Die Schwierigkeit dabei ist, dass der Mann in einem deutsche Gefängnis sitzt.
Der Tiergartenmord hatte zu schweren diplomatischen Verwerfungen zwischen Deutschland und Russland geführt. Beide Staaten wiesen jeweils mehrere Diplomaten des anderen Landes aus: Im August 2019 war ein Georgier in der Parkanlage Kleiner Tiergarten in Berlin erschossen worden. Das Kammergericht Berlin verhängte daraufhin gegen einen Russen lebenslange Haft. Nach Überzeugung der Richter handelte dieser im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Russland wies solche Vorwürfe stets zurück.
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