Für Putin und Assad zählt nur der militärische Sieg

Diplomatischer Wortkrieg mit dem Westen; russische Einsatzpräsenz wurde deutlich erhöht.

Ihre Geduld sei nicht unbegrenzt, ließen Russland gleich mehrere westliche Außenminister wissen. Gemeint waren die Dauerbombardements der letzten Tage auf Aleppo mit zahlreichen zivilen Opfern, darunter vielen Kindern. Washingtons UN-Botschafterin Samantha Power sprach von "Barbarei" und forderte Beweise dafür, dass es Moskau ernst sei mit Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Syrien-Konflikts.

Russland hat die scharfen Angriffe vor allem der USA und Großbritanniens verurteilt und vor einer Belastung der Beziehungen gewarnt. Die scharfe Wortwahl der UN-Botschafter könnten die Aussichten für eine Lösung des Syrien-Konflikts eintrüben, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten.

Die neuerliche Eskalation der Gewalt nach dem Scheitern der von Russland und den USA gemeinsam erzwungenen Waffenruhe deute darauf hin, dass Machthaber Bashar al-Assad und dessen Paten in Moskau der Auffassung sind, den Krieg, der bereits fünfeinhalb Jahre tobt und bisher über 300.000 Menschenleben forderte, militärisch gewinnen zu können – das jedenfalls glauben kritische russische Militärexperten. Aleppo sei der strategisch wichtigste Frontabschnitt, die Eroberung der Stadt könnte zum Wendepunkt im Bürgerkrieg werden. Das wüsste auch die westliche Anti-Terror-Koalition. Sowohl sie als auch Assad und das mit ihm verbündete Russland würden daher ihre militärische Präsenz massiv aufstocken.

In der Tat: Zwar hatte Präsident Wladimir Putin im Februar überraschend den Rückzug des russischen Hauptkontingents angekündigt, sich jedoch die Option offen gelassen, im Bedarfsfall nicht nur den Status quo wiederherzustellen, sondern aufzustocken. Dieser Bedarfsfall ist offenbar eingetreten.

Die Nesawissimaja Gaseta hat die kürzlich von der Zentralen Wahlkommission in Moskau veröffentlichten Daten zur Beteiligung an den Dumawahlen am vorvergangenen Sonntag ausgewertet. Demzufolge haben allein auf der russischen Luftwaffenbasis Cheimin über 4000 Soldaten abgestimmt. Das sind erheblich mehr als Moskau nach eigener offizieller Darstellung auf dem Höhepunkt der Luftoperation in Syrien im Herbst 2015 insgesamt vor Ort hatte.

Massive Marinepräsenz

Beeindruckend ist auch Moskau Marinepräsenz. Verteidigungsminister Sergei Schoygu sprach von sechs Kampfschiffen und drei, vier Versorgungsschiffen vor Syrien. Allein auf dem schweren Flugzeugträger "Admiral Kusnezow" seien 20 Jagdbomber und 15 Kampfhubschrauber stationiert. Der Kreuzer sei mit hochmodernen Luftabwehrsystemen, Raketenwerfern und Systemen bestückt, die die Elektronik des Gegners außer Gefecht setzen können.

Die "Admiral Kusnezow" ist Russlands bisher einziger Flugzeugträger. Sie wurde schon 1991 in Dienst gestellt und nahm an zahlreichen Manövern teil. Jetzt wird sie erstmals unter realen Gefechtsbedingungen getestet. Eigens dazu wurde sie aus der Nordmeerflotte ausgegliedert. Wie deren Ex-Oberkommandierender Wjatscheslaw Popow Medien sagte, solle die "Admiral Kusnezow" im östlichen Mittelmeer "vielfältige Aufgaben" erfüllen: Raketenschläge gegen ausgewählte Ziele, Aufklärung und Schutz vor U-Boot-Angriffen. Zwar verfügen die Terrormilizen – Islamischer Staat und Konsorten – über keine U-Boote. Doch je stärker Russland im östlichen Mittelmeer präsent ist, glaubt der Admiral a.D., desto größer die Chancen für Frieden im chronisch instabilen und unruhigen Nahen Osten.

Kommentare