Front National läuft sich warm
Mit Bangen blickt Frankreichs SP-Staatschef François Hollande der ersten Testwahl seit seinem Amtsantritt 2012 entgegen. Bei den landesweiten Kommunalwahlen in zwei Durchgängen (an diesem und dem darauffolgenden Sonntag) stehen zwar die jeweiligen Ortspolitiker auf dem Prüfstand. Weil der Urnengang aber gleichzeitig in ganz Frankreich stattfindet, fällt auch die Stimmung gegenüber der Staatsführung ins Gewicht – und da schaut es für das rot-grüne Regierungslager sehr schlecht aus.
Hollande hat zwar zuletzt bei Umfragen wieder ein wenig zugelegt, die Zustimmungsrate bleibt aber laut Meinungsforschern auf einem historischen Tiefstand von rund 25 Prozent. Die anhaltend hohe Arbeitslosenrate von elf Prozent, eine Welle von Betriebsschließungen, schmerzhafte Sparmaßnahmen und ein steuerpolitischer Schlingerkurs haben die Zuversicht der treuesten Anhänger der regierenden Linken untergraben.
Pessimismus-Rekorde
Die französische Bevölkerung schlägt bei vergleichenden Befragungen fast alle Pessimismus-Rekorde. Mehr noch als andere Völker Europas sehen sich die Franzosen als hilflose Verlierer im globalen Wettbewerb, wobei die EU nicht als Schutzschild, sondern als ein Einfallstor einer übermächtigen Konkurrenz empfunden wird. Das traf zwar schon unter dem Vorgänger von Hollande, dem konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu, nur dass sich inzwischen Verzagtheit und Verbitterung weiter verfestigt haben.
Erwartet wird daher eine sehr hohe Wahlenthaltung, wobei diese vor allem für die Sympathisanten der Linken gelten dürfte.
Rechter Front National profitiert
Trotzdem ist fraglich, inwieweit die bürgerliche Oppositionspartei UMP und deren Verbündete von der Situation profitieren können. Die UMP gilt als Hauptleidtragende des erwarteten Vormarsches der rechtspopulistischen Partei "Front National" unter Marine Le Pen. Bleiben deren Kandidaten im zweiten Wahlgang im Rennen, kommt es zu einem Dreikampf, der in den allermeisten Fällen die Linke begünstigt.
Gleichzeitig steckt ein beträchtlicher Teil der Führungsriege der UMP in einem Skandalsumpf. Am schlimmsten hat es den wichtigsten konservativen Hoffnungsträger, Nicolas Sarkozy, getroffen: Abhörprotokolle der Justiz, die den Medien zugespielt wurden, veranschaulichen, wie der Ex-Staatschef einen Richter bestach.
Stellvertretend für viele höhnt ein Pariser Bistro-Besitzer: "Tolle Wahl, die wir da haben, zwischen konservativen Gaunern und sozialistischen Versagern." Diese Stimmung ist Wasser auf die Mühlen von Marine Le Pen: "Die SP und die UMP ziehen sich gegenseitig in den Abgrund", frohlockt die Rechtspopulistin, die den "Machtantritt der FN innerhalb der nächsten zehn Jahre" prophezeit. Die FN, die kaum über verankerte Kommunalpolitiker verfügt, hat diesmal in 595 Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern Kandidatenlisten zustande gebracht. Das sind viele, gemessen an ihren 119 Listen bei den Kommunalwahlen 2008. Aber im Verhältnis zur Gesamtzahl derartiger Gemeinden sehr wenig, nämlich 6,9 Prozent.
Trotz einer "Fassadenrenovierung" der Rechten durch Parteichefin Marine Le Pen bleibt die FN für viele Franzosen anrüchig. Deshalb finden sich auch nicht allzu leicht Personen, die sich offiziell als FN-Kandidaten deklarieren. Wobei in einigen Gemeinden Leute ohne deren Einverständnis und sogar Alzheimer-Kranke als FN-Kandidaten nominiert wurden.
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