Friedensforscher registrierten weltweiten Rüstungsboom
Noch nie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde so viel Geld in die staatlichen Verteidigungssystem gesteckt wie im Vorjahr: Weltweit waren es 2019 schätzungsweise 1,917 Billionen Dollar (1,77 Billionen Euro) und damit 3,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das ist das Ergebnis der alljährlichen Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, die am Montag veröffentlicht wurde.
Damit ging es das fünfte Jahr in Folge mit den Rüstungsausgaben nach oben. Doch die Corona-Krise dürfte dem Trend jetzt ein Ende setzen, glauben die Friedensforscher. Denn angesichts der weltweiten daraus folgenden Wirtschaftskrise sei absehbar, dass die Staaten weniger Geld für Militärausgaben zur Verfügung haben werden.
Gerechnet auf die Weltbevölkerung entfielen im Vorjahr auf jeden Erdenbürger Rüstungsausgaben von 249 Dollar (umgerechnet rund 230 Euro). Gemessen am weltweiten Bruttoinlandsprodukts waren es 2,2 Prozent, die in staatliche Militärsysteme gepumpt wurden.
Trumps Modernisierungsschub
Klarer Spitzenreiter bei den Militärausgaben sind weiterhin die USA, die 2019 rund 732 Milliarden Dollar für die Verteidigung aufgewendet haben. Das entsprach einem Plus von 5,3 Prozent . Die Summe, die von den USA in ihre Verteidigung gepumpt werden, sind demnach fast gleich hoch wie jene der zehn folgenden Staaten zusammen. Sipri-Forscher Nan Tian führt das im Gespräch mit der dpa vor allem auf Donald Trumps Politik zurück: „Die Entscheidung zu höheren Ausgaben wurde bereits unter der Obama-Regierung diskutiert, aber erst unter Trump wurde auf ein sehr teures Modernisierungsprojekt gedrängt.“
Erstmals in der Geschichte rangieren hinter den USA mit China und Indien gleich zwei asiatische Länder. „China hat seit langem die Ambition, mit den USA als eine globale Supermacht zu konkurrieren“, erklärt Tian. Indien sehe China dagegen als direkte regionale Bedrohung im Ringen um Einfluss in Asien und Ozeanien und befinde sich zudem im Konflikt mit Pakistan.
Deutschland als Mega-Investor
Den größten prozentualen Zuwachs unter den Top-15-Staaten verzeichnete aber überraschenderweise Deutschland. Im Jahresvergleich stiegen die deutschen Militärausgaben laut Sipri um satte zehn Prozent auf 49,3 Milliarden Dollar. Angesichts des Drucks vonseiten der NATO und von US-Präsident Trump zu einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben überholte die Bundesrepublik somit Großbritannien und Japan und liegt nun im weltweiten Vergleich auf Rang sieben.
Dennoch verfehlt Deutschland - wie auch mehrere andere NATO-Staaten - weiterhin das NATO-Ziel zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des BIP. Deutschland kommt demnach auf 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, europaweit liegt laut Sipri dieser Wert durchschnittlich bei 1,7 Prozent.
Vorgehen der Forscher
Sipri fand für den jährlich erscheinenden Bericht diesmal relevante Daten aus 150 Ländern. Das Institut stützt sich in den Berichten traditionell nicht nur auf offizielle Regierungsangaben zum Verteidigungsbudget, sondern berücksichtigt auch weitere Quellen wie Statistiken von Zentralbanken und der NATO sowie Antworten von Regierungen auf Umfragen etwa der UNO. Zu den Ausgaben zählt Sipri auch die Aufwände für das Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung. Die Kosten der Zerstörung von Waffen und des Zivilschutzes werden hingegen nicht einberechnet.
Knapp zwei Billionen Dollar flossen 2019 laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri weltweit in die Militärapparate – 249 Dollar (230 Euro) pro Erdenbürger. So viel Geld für die Rüstung gab es zuletzt 1988, vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Erstmals sind mit China und Indien gleich zwei asiatische Länder unter den Top 3. „China hat seit Langem die Ambition, mit den USA als eine globale Supermacht zu konkurrieren“, sagte der Sipri-Forscher Nan Tian. Indien rüste wiederum wegen China auf. Die Verteidigungsausgaben der USA sind dennoch fast gleich hoch wie jene der zehn folgenden Staaten zusammen. Die Corona-Krise dürfte jetzt als Bremse wirken.
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