Hollande sucht verzweifelt nach Halt
François Hollande kann das Witzeln nicht lassen. Schlag auf Schlag prasselt es niederschmetternde Enthüllungen über Vertraute des Staatschefs, seine Umfragewerte grundeln unter der 30-Prozent-Marke, Frankreichs Medien überschlagen sich in Untergangs-Prophezeiungen. Aber der Präsident leistet sich wie üblich einen ironischen Sager: „Ich komme, und es regnet“ erklärte Hollande auf Besuch in Marokko: „Ein General sagte: Regieren sorgt für Regen. Diesbezüglich sind wir über alle Maßen erfolgreich“.
Ein Späßchen zu viel? Immerhin hatte knapp zuvor Le Monde enthüllt, dass der Kassier seiner Wahlkampagne von 2012, der Multi-Unternehmer Jean-Jacques Augier, zwei Offshore-Firmen auf den Kaiman-Inseln mitgegründet hatte. „Ich wusste nichts davon“, beteuert Hollande. Das mag stimmen. Aber Augier war seit den gemeinsamen Studienjahren ein Intimus von Hollande. Dass Augier, ursprünglich ein hoher Beamter der Steuerbehörde, später als Selbstständiger in einem Steuerparadies zwei Firmensitze etablierte, wäre noch keine Sensation. Aber Hollande hatte seine Wahlkampagne mit Attacken gegen die unverschämten Winkelzüge der Finanzer bestritten.
Noch viel übler ist die Optik in der Affäre um den Mitte März zurückgetretenen SP- Budget-Minister Jerôme Cahuzac. Dieser hatte am Dienstag plötzlich zugegeben, er habe seinerzeit (er war ursprünglich Schönheitschirurg) in der Schweiz und Singapur Geld gebunkert – nachdem er ohne Unterlass versichert hatte, „nie“ ein Konto im Ausland besessen zu haben. Dabei war er als Minister eine Schlüsselfigur bei der Umsetzung des Kurses von Hollande, indem er der Bevölkerung eine „gerechte Aufteilung der Last“ versprach und Steuerflüchtlinge geißelte.
Schlingerkurs
Der wirtschaftspolitische Schlingerkurs von Hollande und seine demonstrative Gemütlichkeit angesichts der Krise hatten auch Frankreichs Sozialisten verunsichert. Seit dem Geständnis von Cahuzac aber ist die SP, auf der verzweifelten Suche nach neuem Halt. Im Umkreis von Hollande wurde eine Umbildung der Regierung erwogen, dann aber wieder verworfen, weil die Opposition diese Forderung stellt.
Regierungskreise halten sich zugute, dass sie im Gegensatz zur vormaligen Staatsführung unter Nicolas Sarkozy die Justizerhebungen nicht behinderten. Aber diese letzte Verteidigungslinie könnte zusammenbrechen, sollten sich Medien-Vorwürfe erhärten, wonach Innenminister Manuel Valls und Wirtschaftsminister Pierre Moscovici schon seit Monaten über Belege bezüglich der Auslandskonten von Cahuzac verfügt hätten.
Gänzlich jeder Kontrolle entziehen könnte sich die Lage, wenn Cahuzac seine Drohung wahr macht und im Parlament seinen Abgeordnetensitz wieder einnimmt. Gesetzlich steht dem einstweilen nichts im Wege, aber seine Ex-Genossen, die ihn aus SP ausgeschlossen hatten, versuchten ihn Freitag noch umzustimmen.
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