Störauftritt Le Pens auf 1.-Mai-Kundgebung
Der Kampf zwischen der Vorsitzenden des "Front National" (FN), Marine Le Pen, und ihrem Vater, Jean-Marie Le Pen, geht in die zweite Runde. Der 86-jährige Parteigründer versuchte bei der 1.-Mai-Kundgebung des FN in Paris seiner Tochter die Show zu stehlen.
Mit einem leuchtend roten Regenmantel bekleidet erklomm er die Veranstaltungstribüne und streckte minutenlang seine beiden Arme in Siegerpose aus, während ein Teil der versammelten FN-Anhänger Applaus spendeten. Seine Tochter musste hinter ihrem Rednerpult mit verkrampfter Miene und sichtlich ratlos diesem unvorhergesehenen Auftritt beiwohnen. Während ihrer Rede verließ der Vater demonstrativ die Kundgebung.
Dabei hatten ihre Berater alle Anstalten getroffen, um ihr dieses Mal einen gemeinsamen Auftritt mit ihrem Vater zu ersparen: Auf der Tribüne waren neben Marine Le Pen nur die frisch gewählten Lokalpolitiker des FN vorgesehen.
Dass sich Jean-Marie Le Pen diesem Plan nicht beugte, lässt einen weiteren Eklat erwarten: Am Montag ist er für ein Disziplinarverfahren vor das Exekutivbüro des FN geladen. Den Anlass hatten zwei jüngste Medienauftritte geliefert. In einem Radio-Gespräch hatte Jean-Marie Le Pen seinen Stehsatz bekräftigt, wonach die Gaskammern der Nazis nur ein "Detail" wären. Gleich danach hatte er in einem Interview in einem rechtsradikalen Blatt den Chef des französischen Kollaborationsregimes unter der NS-Okkupation, Philippe Pétain, gewürdigt.
Marine Le Pen, die das rechtsrechte Image ihrer Partei zumindest abschwächen möchte, warf ihrem Vater daraufhin erstmals öffentlich vor, er würde durch seine "groben Provokationen" dem FN "schweren Schaden" zufügen. Der FN war bei den EU-Wahlen 2014 und bei landesweiten Lokalwahlen im vergangenen März jeweils auf 25 Prozent der Stimmen gelangt. Marine Le Pen und ihre Berater glauben, dass ein weiterer Vormarsch möglich wäre, aber nur, wenn ihr Vater nicht mehr dazwischenfunke. Allerdings hoffte sie bis vor Kurzem, ihn möglichst unauffällig politisch entsorgen zu können. Der FN-Gründer will ihr aber diesen Gefallen nicht tun: so dürfte er auf seinem Titel als "Ehrenpräsident" des FN beharren.
Illegales Golddepot
Auf Jean-Marie Le Pen lasten jetzt aber auch Erhebungen wegen Steuerhinterziehung, darunter einem illegalen Golddepot in der Schweiz, das sein Kammerdiener für ihn vorgenommen habe. Marine Le Pen steht ihrerseits unter Verdacht, in betrügerische Transaktionen verwickelt zu sein, mit denen der FN unrechtmäßig Wahlkampfvergütungen des Staats ergatterte. Obendrein läuft im EU-Parlament ein Verfahren gegen FN-Abgeordnete, die Leute als Parlamentsassistenten auf die Gehaltsliste der EU gesetzt hatten, die nie an der Parlamentsarbeit teilnahmen – darunter den nämlichen Kammerdiener und Goldboten von Jean-Marie Le Pen.
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