SP-Regierung zwischen den Stühlen
Immer schneller zieht Frankreichs sozialistische Staatsspitze unternehmer- und wettbewerbsfreundliche Gesetze durch – unbeirrt von schlechten Umfrage-Ergebnissen und vom Widerstand des linken SP-Flügels. Um diese Ablehnung aus den eigenen Reihen zu umschiffen, musste Premier Manuel Valls bei der Verabschiedung seines neuen Gesetzeswerks zur "Modernisierung der Wirtschaft" in der Nationalversammlung einen Notparagrafen einsetzen – zum zweiten Mal seit Jahresbeginn.
Statt das Reformpaket einer Parlamentsdebatte mit anschließender Abstimmung zu unterwerfen, griff die Regierung auf eine Sonderprozedur zurück. Dabei übernahm sie, laut offiziellem Sprachgebrauch, "die Verantwortung für das Gesetz". In diesem Fall konnte der Regierung nur mehr ein Misstrauensantrag in die Quere kommen. Die bürgerliche Opposition brachte einen solchen Antrag ein, über den heute, Donnerstag, abgestimmt wird. Er hat zwar keine Aussicht auf Erfolg, die Opposition kann aber die Schwäche der Regierung weidlich unterstreichen.
Tatsächlich stemmt sich etwa ein Viertel der SP-Parlamentarier gegen etliche der geplanten Gesetze. Für Aufregung sorgt einiges: Die punktuelle Lockerung der Sonntagssperre im Handel; die Möglichkeit, Zeitarbeitsverträge zwei Mal zu verlängern (bisher war das nur ein Mal gestattet); eine Obergrenze bei Abfindungen.
Fördermaßnahmen
Darüber hinaus setzt die Regierung auf diverse finanzielle Fördermaßnahmen und Abschläge bei Sozialabgaben, um die Unternehmer zur Anstellung neuer Mitarbeiter zu bewegen. Die SP-Linken halten das für eine wirkungslose Geld-Verstreuung, weil es keine klaren Auflagen für die Subventionsempfänger gäbe. Die Unternehmerseite begrüßt einige Maßnahmen, hält aber ihre Anwendung in der Praxis oft für zu kompliziert und klagt, die Reformen seien angesichts des Vorschriftendickichts und der steuerlichen Belastung noch immer völlig unzureichend.
Fakt ist, dass 2014 der Anteil öffentlicher Ausgaben am BIP 57,5 Prozent erreichte – das ist der höchste Stand in der EU. Gleichzeitig stockte das Wirtschaftswachstum bei 0,2 Prozent. Die Arbeitslosenzahl wächst: plus 640.000 seit Amtsantritt von Präsident François Hollande 2012.
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