Siegeschancen des Front National schrumpfen
Der "Front National" (FN) könnte diesen Sonntag, im zweiten Durchgang der französischen Regionalwahlen, doch noch scheitern. Die Nationalisten siegten zwar im ersten Wahlgang: Sie gelangten in sechs von dreizehn Großregionen auf Platz eins. Jetzt aber zeichnet sich eine parteiübergreifende Wählerströmung ab, die den FN um den eigentlichen Sieg, nämlich die nötige Mandatsmehrheit für künftige Regionalregierungen, bringen könnte.
Ausgerechnet in den beiden Regionen, in denen die zwei Idole des FN kandidieren, zeichnet sich seine Niederlage, wenn auch auf hohem Niveau ab. Zwar konnten im ersten Wahlgang die FN-Vorsitzende Marine Le Pen in Nord-Frankreich und ihre Nichte Marion Marechal-Le Pen im Südosten jeweils 40,6 Prozent erringen, womit sich die Umfragen bestätigten. Dieselben Meinungsforscher kündigen aber jetzt das Scheitern des Duos mit 47 zu 53 Prozent im Duell mit den Kandidaten der bürgerlichen "Republikaner" an.
Auslöser dieses Trends war die Entscheidung der Sozialisten, in diesen beiden Regionen auf ihre weitere Kandidatur zu verzichten, um die im ersten Wahlgang jeweils zweitgereihten bürgerlichen Listen in der Stichwahl zu begünstigen und so den Sieg der Nationalisten zu verhindern.
Die Rechten verhindern
SP-Premier Manuel Valls appelliert an die eigenen Wähler in den drei Regionen, in denen die Linke im ersten Wahlgang klar abgeschlagen wurde, jetzt für die bürgerlichen Listen zu stimmen: "Wenn es um Frankreich und unserer Republik geht, dürfen wir nicht zögern. Wir müssen für jene stimmen, die diese Werte vertreten. Der Front National ist eine Mogelpackung, die unser Land ruinieren würde."
Appelle von Spitzenpolitikern haben aber in der Bevölkerung heute nur mehr wenig Gewicht. Wenn es sich also trotzdem erweisen sollte, dass neuerlich eine Wähler-Mehrheit gegen den FN zustande käme, so läge das vor allem an der demokratischen Reaktionsbereitschaft vieler Franzosen, durch die schon bei früheren Wahlen die Nationalisten abgeblockt wurden.
Dabei versucht Marine Le Pen in Nordfrankreich, einer historischen Bastion der linken Arbeiterbewegung, mit sozial-nationaler Propaganda die enttäuschten linken Stammwähler anzusprechen. Über ihren bürgerlichen Gegner sagte sie: "Er will den Tod der Armen und die Jagd auf die Notstandshilfe-Empfänger eröffnen."
Die meisten Siegesschancen bewahrt der FN im sogenannten "Großen Osten". In dieser Region, die die Champagne, die Ardennen, Lothringen und das Elsass umfasst, widersetzte sich der örtliche SP-Spitzenkandidat der Anweisung aus Paris und beharrte auf seiner weiteren Kandidatur. Im ersten Wahlgang kam der FN dort auf 36, die Bürgerlichen auf 25 und die SP nur auf 15 Prozent. Ohne einen gehörigen Teil der SP-Stimmen wird es für die bürgerliche Liste schwer, ihren Rückstand gegenüber dem FN wettzumachen.
Der örtliche Spitzenkandidat des FN, Florian Philippot, steht für eine besonders scharfe Ablehnung der EU und des Euro, die auch im FN nicht von allen geteilt wird. Dass ausgerechnet er den Regionalvorsitz in der EU-Zweithauptstadt Straßburg übernehmen könnte, wirkt befremdlich.
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