Hollande schwört auf Unternehmen

Der SP-Staatschef will sein linkslastiges Image loswerden, um Investoren zu ermutigen.

Ist es eine „Wende“, eine „Kurs-Verstärkung“ oder bloß das bisher deutlichste öffentliche Eingeständnis einer bereits zuvor verfolgten sozialliberalen Orientierung, die François Hollande bei seiner großen Pressekonferenz am Dienstag präsentierte? Wohl ein bisschen von alledem.

Es ist zwar nicht das erste Mal, dass der sozialistische Staatschef hartes Sparen und Sozialpartnerschaft nach deutschem Vorbild predigt. Aber diesmal kam ein Bekenntnis zur prioritären Unterstützung der Unternehmer dazu: „Wenn es keine Unternehmen mehr gibt, was können wir dann noch umverteilen? Was wir nicht haben?“ Mit dieser rhetorischen Gegenfrage beantwortete Hollande eine Journalisten-Frage, ob er sich nunmehr den Wünschen des französischen Unternehmerverbands unterworfen habe.

Tatsächlich überraschte Hollande mit der Ankündigung, er wolle bis zum Ende seines Mandats 2017 die Lohnnebenkosten um mehr als 30 Milliarden Euro senken. Das übertraf die zuvor inoffiziell geäußerten Erwartungen des Unternehmerverbandes. Konkret will Hollande die Unternehmensabgaben für Familienbeihilfe gänzlich abschaffen.

„Linksextrem“

Diese Stützen für die Unternehmen sollen aber auch nicht durch Steuer- oder Schuldenerhöhungen, sondern einzig und allein durch Einsparungen der öffentlichen Hand finanziert werden: „Wenn es genügt, die Defizite zu vertiefen, um als links zu gelten, dann waren meine Vorgänger linksextrem“, witzelte Präsident Hollande in Anspielung auf den radikalen Anstieg der französischen Staatsverschuldung unter dem vormaligen bürgerlichen Präsidenten Nicolas Sarkozy.

Bei der Nennung der Bereiche, in denen die Einsparungen von 65 Milliarden Euro bis 2017 durchgeführt würden, ließ Hollande diesmal die Katze aus dem Sack: Staatsverwaltung und Krankenversicherung. Wobei er auch erstmals die Zusammenlegung der maßlos übereinandergeschichteten lokalen Verwaltungsorgane Frankreichs ins Visier nahm.

Es wäre aber verfehlt anzunehmen, dass nicht schon bisher laufend Einsparungen durchgeführt wurden, die Institutionen wie etwa die Justiz bis knapp an den Rand ihres Zusammenbruchs führten. So wie es bereits im Vorjahr eine erste Welle von unternehmerfreundlichen Maßnahmen gegeben hatte, darunter Abgabenkürzungen, mehr Flexibilität bei Arbeitszeit- und Lohnregelungen, Lockerung des Kündigungsschutzes.

Imagekorrektur

Was aber Hollande jetzt versucht, ist eine Imagekorrektur, so als würde er den Eindruck verwischen wollen, den er bei seinem Amtsantritt durch symbolträchtige Maßnahmen erweckt hatte – allen voran die 75-prozentige Besteuerung der Einkommenssegmente von über einer Million Euro. Diese ursprünglich populäre Maßnahme war von Hollande als Flankenschutz für eine ansonsten umgängliche Haltung gegenüber Spitzenmanagern gedacht.

Nun bescheidet sich Hollande bei seinen sozialdemokratischen Ambitionen auf einen „Pakt“ mit dem Unternehmerverband. Der soll sich im Gegenzug für die geplanten Abgabensenkungen zur Schaffung von Jobs verpflichten. Aber jenseits dieser ein wenig staatsplanerisch anmutenden Pakt-Logik geht es dem SP-Präsidenten vor allem um ein Investoren-freundliches Klima.

Der „Genosse der Bosse“, wie der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder (SPD) genannt wurde, paukte 2003 ein Wirtschafts- und Arbeitsmarkt-Paket gegen den Widerstand von Teilen der eigenen Partei durch, das die Volksökonomie beflügelte, aber soziale Härten aufwies.

Die „Agenda 2010“ sah eine Lockerung des Kündigungsschutzes und höhere Sozialabgaben der Mitarbeiter vor. Die Dauer der Auszahlung des Arbeitslosengeldes wurde verkürzt, nach Ende der Frist (maximal 18 Monate) wurde diese Sozialleistung nur dann gewährt, wenn das Vermögen nicht eine bestimmte Grenze überstieg. Zudem wurden die Zumutbarkeitskriterien für Jobangebote verschärft. Die Rentenerhöhungen wurden gedämpft.

Im Gegenzug wurde massiv in Bildung und Kinderbetreuung investiert.

Er war der Hoffnungsträger einer modernen, gemäßigten Soziademokratie: Der strahlende Wahlsieger des Jahres 1997, Tony Blair, der nach den Jahren des Thatcherismus einen „Dritten Weg“ propagierte: Seine „New Labour“ suchte einen Mittelweg zwischen den ungezügelten Kräften der freien Marktwirtschaft und der Überbevormundung des Bürgers durch den Sozial- und Wohlfahrtsstaat.

Dank wirtschafts- und finanzpolitischer Reformen, die ihm Kritiker von der Linken als „Thatcherismus light“ ankreideten, stiegen die allgemeinen Einkommen und sank die Arbeitslosigkeit. Privatisierungen und Sparprogramme in der zehnjährigen Ära Blair änderten aber nichts am maroden britischen Gesundheitssystem, der hohen privaten Schuldenlast und dem unterbezahlten Dienstleistungssektor.

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