Francois Hollande am Tiefpunkt

Unbeliebt: Francois Hollande
Nur mehr 20 Prozent der Franzosen stehen zum Präsidenten. Aber auch von Konservativen und Le Pen wird keine Besserung erwartet.

Es ist eine rasende und, vorerst, scheinbar unaufhaltsame Talfahrt: 18 Monate nach dem Amtsantritt von Francois Hollande sind nur mehr 20 Prozent der Befragten mit dem sozialistischen Staatschef „zufrieden“. Das Meinungsforschungs-Institut IFOP, das im Auftrag des Pariser „Journal du Dimanche“ diese Umfrage durchführte, konstatiert einen historischen Rekord: die letzten drei Vorgänger von Hollande waren zwar alle bei Popularitätserhebungen zeitweilig abgestürzt, aber nicht so tief und nicht so schnell: der Sozialist Francois Mitterrand fiel auf 22 Prozent, und die beiden konservativen Präsidenten Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy sanken jeweils auf 27 und 28 Prozent.

Allerdings gelang es Mitterrand und Chirac jeweils auch wieder für ein zweites Mandat gewählt zu werden. Hollande hat diesen beiden Durchalte-Künstlern, mit denen er auch auf engstem Fuß stand, auch einiges abgekupfert: von Mitterrand (Spitzname: Sphinx) die undurchsichtigen und hinterlistigen Winkelzüge, von Chirac das Stehvermögen, das sich in dem ihm zugeschriebenen Spruch äußerte: „Es gibt kaum Probleme, die sich durch Abwarten nicht von selber erübrigen“.

Untergangsstimmung

Aber das waren andere Zeiten und auch eine andere Art von Staatsmännern. Frankreich laboriert zwar schon seit drei Jahrzehnten an einer Arbeitslosenrate, die meist um die zehn Prozent-Grenze schwirrt, aber inzwischen ist das Hoffnungspotential der Bevölkerung schlicht aufgebraucht. Der Einbruch der Wettbewerbskraft der französischen Wirtschaft hat den Anteil der Industrie-Arbeitsplätze in Frankreich nicht nur unter das deutsche, sondern auch britische und italienische Niveau gedrückt. Typisch die Erklärung eines Arbeiters einer stillgelegten Lebensmittelfabrik während der jüngsten Unruhen in der westfranzösischen Bretagne: „Ich war in der Autoindustrie, dann in einer Papierfabrik, zum Schluss glaubte ich an eine Zukunft hier, in der Fleischverarbeitung. Aber es gibt keine Zukunft in Frankreich“.

Bestärkt wird diese Untergangs-Stimmung durch tägliche Hiobsbotschaften und chaotische Proteste. In den kommenden Monaten, so verlautbaren Experten, dürften 180.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Industrie abgebaut werden. Die Rating-Agentur „Standard & Poors“ hat Frankreich auf die Note AA zurückgesetzt (Österreich rangiert zum Vergleich bei AA+) nicht zuletzt wegen der laufenden Anti-Steuerrevolte: Autobahn-Blockaden der Frächter gegen eine LKW-Maut, dutzende Brandanschläge auf Mautstellen und Polizei-Radare für Geschwindigkeitskontrollen, Reiteraufmärsche hoch zu Ross gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Pferdeschulen. Gleichzeitig gab es Lehrerstreiks und Hebammen-Demos, die wiederum höhere staatliche Zuwendungen beanspruchen. Dazu kommt die Kritik der EU-Kommission, die Paris vorwirft bei Einsparungen und Reformen nicht schnell genug voranzukommen.

Letzter Trost

Zwischen diesen widersprüchlichen Forderungen balanciert Hollande, wobei er gerade durch dieses vorsichtige Lavieren einstweilen so ziemlich alle sozialen Gruppen gegen sich aufgebracht hat. Seine auf Konsens orientierte Strategie wird ihm als Autoritätsmangel angelastet. Dabei hat er durchaus schmerzliche Sanierungsschritte im staatlichen Sozialgefüge unternommen und sozialpartnerschaftliche Reformen auf dem Arbeitsmarkt angestoßen in der Hoffnung auf eine wirtschaftliche Aufhellung bis zum Ende seines Mandats 2017. Seine Erklärungen wirken freilich zu diffus, um in der aktuellen Panik für Beruhigung zu sorgen.

Hollande bleibt aber ein Trost: laut der eingangs erwähnten Umfrage glauben 74 Prozent, dass die konservative Opposition „nicht besser handeln würde“. Von der lautstarken Nationalpopulistin Marine Le Pen erwarten sich sogar 78 Prozent keine Besserung der Lage des Landes.

Kommentare