Fragwürdige Deals bringen Boris Johnson in Bedrängnis
Es ist explizit nicht die Haarpracht des Premierministers gemeint, wenn Keir Starmer von der Labour-Partei vom „Filz“ spricht, der Großbritannien regiere. Gemeint sind vielmehr die politischen Praktiken von Boris Johnson. Dem Regierungschef der Konservativen Tories steht ein Politskandal ins Haus – und zwar im besten Wortsinn.
Laut Vorwürfen seines ehemaligen Beraters und Vertrauten Dominic Cummings soll es zu Ungereimtheiten bei der Renovierung der Dienstwohnung des 56-Jährigen gekommen sein. Die Umbaukosten im Appartement in Downing Street 11, das an den berühmten Amtssitz des britischen Premiers (Downing Street 10) grenzt, sollen 230.000 Euro betragen haben.
Bezahlt worden sein soll die Renovierung mit Geldern aus Spenden, wie Cummings in einem Blogbeitrag am Freitag schrieb. Während die Konservativen einen Rachefeldzug des Politstrategen wittern, nachdem Cummings im Dezember das Regierungsteam im Streit mit Johnson verlassen hatte, liefert die Causa der Opposition neue und vor allem scharfe Munition.
Die Opposition lauert
Labour-Chef Starmer forderte erneut, dass das Vorgehen der Regierung untersucht werden müsse. Es gehe um Integrität und Geld der Steuerzahler, sagte er BBC News. In dieser Woche will die Opposition eine Dringlichkeitsanfrage an Johnson im Parlament stellen. Ähnlich deutlich äußerte sich die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon: Es handle sich um schwerwiegende Vorwürfe gegen Johnson und seine Regierung.
Handelsministerin Liz Truss, eine Parteikollegin von Johnson, tat die Vorwürfe am Sonntag als „Klatsch und Tratsch“ ab. Bei der Wohnungsrenovierung seien alle Regeln vollständig eingehalten worden, der Premierminister habe die Kosten aus eigener Tasche übernommen, versicherte Truss auf Sky News. Sie antwortete jedoch nicht darauf, woher er das Geld gehabt habe.
Unabhängig davon, ob sich die Vorwürfe bestätigen lassen, sinkt die Popularität von Boris Johnson innerhalb der Bevölkerung. Zwar hat sich der impulsive Politiker in der Corona-Pandemie mit seiner Impfstrategie viele Bonuspunkte erarbeitet, doch die aktuellen Anschuldigungen schaden ihm persönlich stark. Aus einer Umfrage von „Opinium“ am vergangenen Wochenende lässt sich herauslesen, dass die Torries noch immer mit komfortablen elf Prozentpunkten vor der Labour-Partei in der Wählergunst an der Spitze liegen. Doch fast vier von zehn Befragten glauben gleichzeitig, dass Boris Johnson korrupt ist.
Das Problematische daran für Johnson: Er scheint die Kontrolle über seine politische Erzählung allmählich zu verlieren. Niemand weiß, was der einstige Chefstratege Dominic Cummings noch in der Hinterhand hat. Der langjährige Vertraute kündigte jedenfalls an, dem britischen Parlament Rede und Antwort zu stehen.
Auch Konservative sprechen bereits von „einem Bären, den man gereizt“ hat. Hintergrund dieser Aussage sind Textnachrichten von Johnson, die den Weg an die Öffentlichkeit gefunden haben. Der Premier hat dafür öffentlich Cummings verantwortlich gemacht.
In den SMS aus dem Jahr 2020 geht es um eine Anfrage des Staubsauger-Unternehmers und Brexit-Vorkämpfers James Dyson um Steuererleichterungen, wenn er sich an der Produktion von Beatmungsgeräten in Großbritannien beteilige. Johnson bekannte sich zu den Nachrichten, verteidigte aber sein Vorgehen angesichts der Krise.
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